Münze und Macht im antiken Israel

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12. März 2015 – Das Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums Wien zeigt bis zum 13. September 2015 die Ausstellung „Münze und Macht im antiken Israel“. Die Stücke aus der Sammlung des Jerusalemer Israel Museums zeigen die wechselhafte Geschichte Israels in der Antike.

Die Provinz Judah im 4. Jahrhundert v. Chr. © Universität Wien, IfGR.

Die Ausstellung gibt einen Einblick in die Geschichte der antiken jüdischen Münzprägung vom 4. Jahrhundert v. Chr. bis zum 2. Jahrhundert n. Chr. Sie führt von der persischen Herrschaft über die Priesterkönige der Hasmonäer und Herodes den Großen bis zum 1. und schließlich zum 2. Jüdischen Krieg gegen Rom (132-135 n. Chr.), der das Ende der jüdischen Münzprägung mit sich brachte.
In dieser Zeit erlebten die Menschen der jüdischen Welt umwälzende politische und religiöse Veränderungen, die für die Entwicklung der jüdischen Kultur und Religion von entscheidender Bedeutung waren. Die Münzbilder erzählen uns die Geschichte dieser bewegten Zeit und geben Einblick in das Selbstverständnis der jüdischen Eliten.
Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Israel Museum Jerusalem und den Instituten für Numismatik und Geldgeschichte sowie für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien.

Von der persischen Herrschaft zu den ptolemäischen Königen von Ägypten: um 400 bis 260 v. Chr.
Die ersten Zeugnisse der jüdischen Geldgeschichte sind die sogenannten Yehud-Münzen, die ab dem frühen 4. Jahrhundert v. Chr. unter persischer Oberhoheit sowie unter der anschließenden Herrschaft der ptolemäischen Könige entstanden.

„Judah“ unter persischer Oberhoheit, Viertel-Shekel, geprägt in einer Münzstätte der Philister. 4. Jh. v. Chr. Vs: Gorgoneion Rs: Löwe reißt Stier; Aramäisch: Yehud. © Israel Museum, Jerusalem. Dies ist die älteste bekannte Münze, die die Bezeichnung Judah trägt.

Ihre Ausprägung erfolgte zum Teil unter Aufsicht der priesterlichen Autoritäten des Tempels in Jerusalem und kann vermutlich mit der jüdischen Kopfsteuer in Verbindung gebracht werden, die jährlich an den Tempel in Jerusalem entrichtet werden musste (Nehemia 10,33).

Vom Makkabäeraufstand zu den hasmonäischen Priesterkönigen: 165 bis 37 v. Chr.
Nach dem 5. Syrischen Krieg (202-195 v. Chr.) gelangte Judäa unter die Herrschaft der seleukidischen Könige, die von Syrien aus regierten. Unter ihnen setzte eine zunehmende Hellenisierung der jüdischen Gesellschaft ein, die zu Spannungen mit dem orthodoxen Judentum führte und schließlich im sog. Makkabäeraufstand mündete.

Mit ihm und mit der Niederlage der griechischen Fraktion wurde das Fundament der hasmonäischen Herrscherdynastie gelegt. Noch heute erinnert das Chanukkafest, das im Monat Kislew (November/Dezember) gefeiert wird, an die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem nach dem erfolgreichen Aufstand des Jahres 164 v. Chr.

Die Münzmotive der Hasmonäer hatten auf das jüdische Bilderverbot Rücksicht zu nehmen. Auf diese Weise ist das völlige Fehlen von Herrscherporträts zu erklären. Die Münzen wurden vorrangig mit hebräischen, mitunter aber auch mit aramäischen oder griechischen Legenden versehen. Durch die Verwendung der verschiedenen Sprachen und Schriften ergab sich die Möglichkeit, gezielte Aussagen über die Ethnizität, die Religion oder die hierarchische Stellung innerhalb der jüdischen Gesellschaft zu treffen.

Antigonos (Mattathyah) Perutah, geprägt in Jerusalem, 40-37 v. Chr. Vs: Schaubrottisch; Paläo-Hebräisch: Mattityah, der Hohepriester Rs: Menorah; Griechisch: des Königs Anti[gonos]. © Israel Museum, Jerusalem. Die Darstellung dieser jüdischen Ritualgegenstände aus dem Jerusalemer Tempel ist auf Münzen einzigartig.

Die Münzen des letzten Hasmonäerkönigs Mattathias Antigonos (40-37 v. Chr.) zeigen mit der Menorah und dem Schaubrottisch erstmals zwei Gegenstände aus dem Jerusalemer Tempel. Bei der Wahl dieser Bilder handelt es sich um einen von Mattathias bewusst gesetzten Akt, der ihn im Zusammenhang mit seinem Erbrecht als Nachkomme der hasmonäischen Priesterkönige als rechtmäßigen Hohepriester präsentieren sollte. Damit verbunden war die klare Abgrenzung von seinem politischen Gegner, dem Halbjuden Herodes, Abkömmling einer nabatäischen Mutter, der aufgrund seiner Abstammung niemals geeignet sein würde, das Amt des Hohepriesters zu bekleiden.

Herodes der Große (40-4 v. Chr.) Bronzemünze, geprägt in Samaria, 37 v. Chr. Vs: Helm, flankiert von zwei Palmzweigen Rs: Schale auf Dreifuß; Griechisch: des Königs Herodes. © Israel Museum, Jerusalem. Der Helm mit den Palmzweigen symbolisiert die Macht bzw. den Sieg von Herodes dem Großen über den letzten Hasmonäerkönig.

Herodes der Große und seine Nachfolger: 37 v. bis um 100 n. Chr.
Mit der Einnahme Jerusalems 37 v. Chr. begann die fast 33 Jahre währende Alleinherrschaft von Herodes dem Großen.
Unter Herodes, der als „verbündeter König und Freund des römischen Volkes“ regierte, vollzog sich die bewusste Einbettung seines Reiches in die politische Struktur und Hierarchie der neuen römischen Weltordnung, was auch in Herodes’ Münzprägung deutlich zum Ausdruck kommt.
Nach dem Tod von Herodes dem Großen im Jahre 4. v. Chr. ging die Herrschaft auf seine Söhne über, die von Kaiser Augustus in einzelnen Teilgebieten als Regenten eingesetzt wurden. Erst der Enkel des Herodes, Herodes Agrippa I., und dessen Sohn Agrippa II. geboten wieder über ein jüdisches Großreich, standen jedoch gleichfalls in einem starken Abhängigkeitsverhältnis zu Rom.
Die Münzprägungen all dieser Herrscher weichen teils deutlich voneinander ab, orientieren sich bei der Bilderwahl an Vorlagen der hellenistischen und römischen Münzprägung und nahmen nur dort auf das Bilderverbot Rücksicht, wo es politisch geboten schien. Auch die römischen Präfekten und Prokuratoren übten eine eigene Münzprägung aus, wobei sie gleichfalls das Bilderverbot beachteten.

Erster Jüdischer Krieg. Shekel, geprägt in Jerusalem, Jahr 1 (66 n. Chr.). Vs: Kelch, darüber aleph (Jahr 1); Paläo-Hebräisch: Shekel Israels Rs: Zweig mit drei Granatäpfeln; Paläo-Hebräisch: Jerusalem ist heilig. © Israel Museum, Jerusalem.

Der 1. jüdische Krieg gegen Rom: 66 bis 70 n. Chr.
Unter Herodes Agrippa II. (53-100 n. Chr.), dem letzten Vertreter der herodianischen Dynastie, brach in der jüdischen Gesellschaft ein interner politischer Machtkampf zwischen den verschiedenen religiösen Parteien aus, der zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führte.
Gleichzeitig kam es aufgrund von ungerechtfertigten Steuerforderungen zu Differenzen mit Rom, und als der römische Prokurator Gessius Florus den Tempelschatz plünderte, brach ein Aufstand aus, der von Kaiser Vespasian und seinem Sohn Titus schließlich blutig niedergeschlagen wurde.

Erster Jüdischer Krieg. Halb-Shekel, geprägt in Jerusalem, Jahr 4 (69-70 n. Chr.). Vs: Palme, zwei Dattelkörbe; Paläo-Hebräisch: Auf die Erlösung von Zion Rs: Etrog-Frucht, zwei Lulav-Bündel; Paläo-Hebräisch: Jahr 4, Halb[-Shekel]. © Israel Museum, Jerusalem.

Die Münzen des 1. Jüdischen Krieges gehören zu den qualitativ schönsten der jüdischen Münzprägung und wurden innerhalb der fünf Kriegsjahre geprägt. Der Revolutionsgedanke der Juden zeigt sich vor allem in den Aufschriften, die in Anlehnung an die Hasmonäerzeit die paläohebräische Schrift verwenden: „Schekel Israels“, „Jerusalem die Heilige“, „Freiheit Zions“ sowie „für die Erlösung Zions“ sind jene Parolen, die mithilfe der Münzen verkündet wurden.

Vespasian (69-79 n. Chr.) Aureus, geprägt in Rom 70 n. Chr. Vs: Büste des Vespasian mit Lorbeerkranz nach rechts Rs: Trauernde Judäa neben einem Tropaium sitzend. © KHM.

Als Folge des 1. Jüdischen Krieges wurde Judäa römische Provinz und Caesarea Maritima zum Statthaltersitz erhoben. Der Sieg über die Juden wurde von Titus und seinem Vater Vespasian mit einem großen Triumphzug in Rom gefeiert und auch in ihrer Münzprägung zu einem besonderen Thema.

Der 2. Jüdische Krieg gegen Rom: 132 bis 135 n. Chr.
Im Jahr 132 n. Chr. begann der 2. Jüdische Krieg, der mehr als dreieinhalb Jahre dauerte. Er war die Antwort auf die seit dem 1. Jüdischen Krieg anhaltende Unterdrückung der Juden in Palästina.

Zweiter Jüdischer Krieg, Bronzemünze, geprägt im Jahr 1 (132 n. Chr.). Vs: Kranz; Paläo-Hebräisch: Shimon, Prinz von Israel Rs: Amphore; Paläo-Hebräisch: Jahr 2 der Erlösung von Jerusalem. © KHM.

In die Geschichte eingegangen ist er auch als Bar Kokhba-Aufstand, benannt nach dem Anführer der jüdischen Rebellen, wie er aus der christlichen Überlieferung bekannt ist: Simon Bar Kokhba („Simon der Sternensohn“).

Zweiter Jüdischer Krieg, Zuz, geprägt 133 n. Chr. Vs: Kanne; Paläo-Hebräisch: Shimeon Rs: Paläo-Hebräisch: für die Freiheit von Jerusalem. © Israel Museum, Jerusalem. Bisweilen wurden römische Denare überprägt, um sich die Herstellung eigener Rohlinge zu ersparen, aber auch um sichtbar die Eroberer zu überdecken. Die politische Botschaft muss dabei kaum näher erläutert werden.

Auslöser war vor allem der Plan Kaiser Hadrians (117-138 n. Chr.), Jerusalem, das in Aelia Capitolina umbenannt wurde, als römische colonia neu zu gründen und auf den Ruinen des jüdischen Tempels einen Tempel für Jupiter zu errichten.

Zweiter Jüdischer Krieg, Sela, geprägt im Jahr 1 (132 n. Chr.) Vs: Fassade des Tempels; Paläo-Hebräisch: Jerusalem Rs: Lulav-Bündel, links Etrog-Frucht; Paläo-Hebräisch: Jahr 1 der Erlösung von Israel. © Israel Museum, Jerusalem. Auch der 2. Jüdische Krieg brachte wieder die Ausprägung großer Silbermünzen, Sela genannt.

Das bekannteste Motiv auf den Bar Kokhba-Münzen ist die Tempelfassade, die entweder auf den zu diesem Zeitpunkt nicht länger existierenden zweiten jüdischen Tempel verweist oder als Hinweis auf den wieder zu errichtenden dritten Tempel zu verstehen ist. Auf der Rückseite werden Objekte abgebildet, die aus dem jüdischen Tempelkult stammen, so Lulav und Etrog als Hinweis auf das Sukkot-Fest.

Zweiter Jüdischer Krieg, Bronzemünze, geprägt im Jahr 1 (132 n. Chr.) Vs: Palme; Paläo-Hebräisch: Eleazar, der Hohepriester Rs: Weintraube; Paläo-Hebräisch: Jahr 1 der Erlösung von Israel. © Israel Museum, Jerusalem.

Mit der vollständigen Niederschlagung des Aufstands und der Zerstörung Jerusalems im Jahre 135 waren für Hadrian endgültig die Voraussetzungen zur Errichtung einer neuen Hauptstadt nach römischem Vorbild gegeben. Ein Jupiter-Tempel beanspruchte nunmehr den Platz, an dem einst der jüdische Tempel gestanden hatte. Alle Juden wurden aus Jerusalem vertrieben und es war ihnen bei Todesstrafe verboten, in die Stadt zurückzukehren. Damit ging Jerusalem als der zentrale Ort mit dem Tempel als zentralem Heiligtum für Jahrhunderte verloren. Stattdessen entstanden verschiedene geistige Zentren des Judentums in Palästina und letztlich in der gesamten antiken Welt.

Das Museum bietet neben der Ausstellung ein Begleitprogramm an.
Am Donnerstag, 12.3., um 18 Uhr hält die Ausstellungskuratorin Anne Lykke (Universität Wien) im KHM-Vortragssaal, 2. Stock, einen Vortrag: „Münze und Macht im antiken Israel“. Teilnahme frei mit gültigem Museumsticket, keine Anmeldung erforderlich.
Außerdem können Besucher sich von den Kuratoren Anne Lykke und Klaus Vondrovec persönlich führen lassen: Freitag 6.3., 13 Uhr; Donnerstag 26.3., 16 Uhr; Donnerstag 7.5., 16 Uhr; Donnerstag 25.6., 11 Uhr. Teilnahme frei mit gültigem Museumsticket, keine Anmeldung erforderlich.

Mehr Informationen zur Ausstellung finden Sie auf der Seite des Kunsthistorischen Museums.

Vor allem der Digitale Ausstellungskatalog lädt ein zum Stöbern.

Neben zahlreichen Karten

… allen Münzen

… und einer Vitrinenübersicht

… finden Sie dort auch tolle Filme.

Außerdem lohnt sich ein Besuch der Internetseite des Israel Museums, Jerusalem.

Haim Gitler bietet (auf Englisch) einen sehr schönen Überblick über die Geschichte der numismatischen Abteilung des Israel Museum.

Einen ausführlichen Artikel über die erste Münze Israels finden Sie übrigens in der MünzenWoche.

Und noch mehr Artikel bietet Ihnen unsere Archivkategorie Antike / Judaea.

Nicht zu vergessen den Artikel über einen ausführlichen Besuch in Jerusalem mit all seinen numismatischen Highlights.