MenschenGesichter Teil 39: Wie viel kostet die Macht?


mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich

Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“, dem die Texte unserer Serie entnommen sind.

Philipp II. von Spanien (1556-1598), als Herzog von Gelderland. Taler 1557. Taler 1557. Gepanzerte Büste Philipps n. l. Rs. Gekröntes Wappen, darunter Orden vom Goldenen Vlies, links und rechts die burgundischen Feuerböcke. © MoneyMuseum, Zürich.

Im Jahre 1545 wurden in den spanischen Kolonien bei Potosí im heutigen Bolivien und bei Zacatecas (Mexiko) riesige Silbervorkommen entdeckt. Das bedeutete, dass seit den 60er-Jahren des 16. Jahrhunderts riesige Mengen von Silber aus den Kolonien nach Spanien geschafft wurden.

In den Jahren zwischen 1551 und 1560 waren es 303 Tonnen Silber, in den nächsten zehn Jahren bis 1570 wurde fast das Dreifache importiert, 943 Tonnen. Und zwischen 1571 und 1580 erreichte die Produktion ihren Höhepunkt mit 1119 Tonnen des wertvollen Rohstoffs.

Mit so viel Silber hätte Spanien zu einer der führenden Wirtschaftsnationen Europas aufsteigen müssen. Doch wie der venezianische Botschafter scharfsichtig schrieb: „Über den Schatz, der aus Westindien nach Spanien gelangt, sagen die Spanier […], dass er für sie die gleiche Wirkung hat wie Regen auf Hausdächern. Wenn es heftig regnet, strömt das Wasser herab, ohne dass die ersten, auf die es trifft, davon profitieren können.“

Antonis Mor, Porträt König Philipps II. von Spanien, 1557. Quelle: Wikicommons.

Philipp II., König von Spanien, interessierte sich nämlich nicht für Handel und Gewerbe. Er sah seine königliche Aufgabe darin, die ganze Welt wieder dem katholischen Glauben zuzuführen.

Am 28. August 1567 zum Beispiel zog der Herzog von Alba auf des Königs Geheiß in Flandern ein. Er sollte die Aufstände der protestantischen Bilderstürmer daselbst und in Brabant beenden. Alba hatte von Philipp dafür ausreichende Mittel bekommen. Seinen Soldaten folgten zwei riesige Wagenkolonnen, beladen mit Silbermünzen.

Immer häufiger rollten Wagenkolonnen an die Front: nicht nur in die Niederlande, nach Italien, nach Frankreich, ins deutsche Reich und nach Portugal. Denn Philipp wollte auch die Türken besiegen und England unterwerfen – und alles kostete Geld. So rollten die Wagenkolonnen mit Silber ständig – und doch rollten sie nicht oft genug.

Die riesigen Mengen von Silber aus Amerika reichten nämlich nicht aus, um alle militärischen Ambitionen des Königs zu zahlen. Mehr als einmal musste Philipp II. Staatsbankrott anmelden, mehr als einmal ging den Spaniern ein sicherer Erfolg dadurch verloren. Im Jahre 1575 zum Beispiel hätten die Spanier nur noch wenig Anstrengung gebraucht, um Wilhelm von Oranien und seine Niederlande zu einer Fußnote der Geschichte zu machen. Doch Philipp erklärte am 1. September den Staatsbankrott, und die spanischen Soldaten, seit Monaten ohne Sold, gaben den Krieg gegen die Niederlande auf und plünderten die verbündeten, aber reichen Städte in Flandern und Brabant.

Weder Philipp noch seinen Nachfolgern auf dem spanischen Thron sollte es je gelingen, seine Ansprüche auf die Weltherrschaft mit den finanziellen Ressourcen des Landes zu vereinbaren.

Die nächste Folge widmet sich Elisabeth I. und den von ihr kräftig unterstützten Freibeutern, die ihre Staatskasse regelmäßig füllten.

Alle Teile der Reihe finden Sie hier.

Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.