MenschenGesichter Teil 24: Eine Frau als Herrin von Zürich

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mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich

Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“, dem die Texte unserer Serie entnommen sind.

Gründungsurkunde der Fraumünsterabtei, Staatsarchiv des Kantons Zürich. Quelle: Wikicommons.

Ludwig der Deutsche richtete 853 in Zürich eine neue klösterliche Gemeinschaft von Frauen ein, der seine Tochter Hildegard vorstehen sollte. Die Gründung von Konventen zur Versorgung unverheirateter Frauen der Herrscherfamilien war ein beliebtes Mittel der Zeit, um den königlichen Jungfrauen ein standesgemäßes Leben zu ermöglichen und gleichzeitig mittels eines Familienmitgliedes die direkte Herrschaft über strategisch bedeutende Gebiete auszuüben. Natürlich ritt Hildegard nicht selbst über ihre Ländereien, natürlich führte sie ihren Heerbann nicht in eigener Person. Dafür hatte sie ihre Ministerialen. Aber die waren nur der hohen Frau verantwortlich. So beherrschten Hildegard und nach ihr viele Äbtissinnen ein Gebiet, das zu den bedeutendsten des Reiches gehörte.

Zürich Abtei Fraumünster. Pfennig, Anfang des 14. Jahrhunderts. Umschrift „ZVRICH“, Kopf der Äbtissin von Fraumünster mit Haube von vorne. © MoneyMuseum, Zürich.

So war die Äbtissin von Fraumünster eine Macht, mit der man rechnen musste. Ihre Treue war wichtig für den deutschen Kaiser, der das Recht besaß, sie in ihr Amt einzusetzen. Heinrich III. zum Beispiel, gleichzeitig Herzog von Schwaben und als solcher häufig in Zürich, sah in der Äbtissin von Fraumünster eine wertvolle Verbündete, die er zur Stadtherrin von Zürich machte, indem er ihr das Zoll-, Markt- und Münzrecht verlieh.

Doch schon unter seinem Sohn Heinrich IV. geriet das kaiserliche Recht der Investitur in die Diskussion, und gegen Ende des 12. Jahrhunderts hatte der Konvent die Wahl der Äbtissin an sich gerissen. Damit wurde es noch wichtiger für den Kaiser, sich durch die Verleihung von Privilegien eine treue Verbündete in der mächtigen Frau zu schaffen. Friedrich II. zum Beispiel, der auf seinem Zug von Italien nach Deutschland den Weg über Zürich benutzte und bei dieser Gelegenheit vielleicht in der Stadt selbst weilte, erkaufte sich die Unterstützung der Abtei durch die Verleihung der Reichsunmittelbarkeit: Das bedeutete, dass seit dem Jahr 1218 nur noch der Kaiser selbst der Äbtissin Befehle erteilen durfte.

So war die Äbtissin nun eine der Großen des Reiches, stolz auf ihre Stellung, und genau so – als Äbtissin des Fraumünsters – ließ sie sich seit Beginn des 14. Jahrhunderts auf ihren Münzen darstellen. Welche der Äbtissinnen es allerdings war, die die abgebildete Münze prägen ließ, werden wir nie wissen. Wieder tritt die Person hinter ihren Stand zurück. Wichtig ist nicht der Mensch, sondern das Amt und die Macht, die er ausübt. Wobei übrigens diese Art der Selbstdarstellung der Äbtissin genau in der Zeit zum ersten Mal auftauchte, als die reale Macht der Klosterfrau bereits wieder im Sinken begriffen war.

In der nächsten Folge erfahren Sie, wie die Reliquien des Stephanus ein Bistum vor der Schließung retteten.

Alle Teile der Reihe finden Sie hier.

Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.

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