Kulturgutschutzgesetz: die rechtliche Seite des Referentenentwurfs

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Von Joachim Walser

30. Juli 2015 – Joachim Walser von der Kanzlei Walser in München hat am 21. Juli 2015 eine rechtliche Ausarbeitung zum Referentenentwurf zum Kulturgutschutzgesetz erstellt, die wir im Folgenden ungekürzt und unverändert wiedergeben. Wir danken Herrn Walser für die Genehmigung, seine Ausarbeitung zu publizieren.

Joachim Walser. Mediator DA (Deutsche Anwaltsakademie), Rechtsanwalt seit 1986, Aufsichtsrat a.D., Sprecher eines Wirtschaftsausschusses a.D., Prokurist a.D., Vorstand einer Unternehmervereinigung, ausgebildeter Mediator.

A. Resümee
Der Entwurf verletzt die Kulturhoheit der Bundesländer, verstößt gegen das Grundgesetz, ändert ohne entsprechenden Zusatzartikel das BGB, basiert auf fehlendem Datenmaterial und unrichtigen Prämissen, verschleiert Verwaltungsaufwand und Kosten, überschreitet die deutsche Gesetzgebungskompetenz und verletzt die Europäische Menschenrechtskonvention.

Das Internationale Museumsbüro legte bereits 1939 einen Entwurf vor, der den Schutz von Kulturgut zwischen den Staaten fördern und den illegalen Kunsthandel eindämmen sollte. Er beschränkte die Möglichkeit der Rückforderung auf Kulturgüter im staatlichen Eigentum, die zu einer öffentlichen Sammlung gehörten und einzeln inventarisiert waren; weil diesen eine Sonderstellung zukommt und eine Rückforderung in größerem Maße als bei illegal exportiertem Kulturgut im Privateigentum gerechtfertigt ist (Amalie Weidner, Kulturgüter als res extra commercium im Internationalen Sachenrecht, S. 230-231).

Der vorliegende Referentenentwurf geht den umgekehrten Weg. Er hebt grundlegende Bürgerrechte auf, um dem Staat die kostengünstigste Enteignung von privaten Sammlern und renommierten Auktionshäusern zu ermöglichen. Er vernichtet damit den privaten Kunsthandels- und -aufbewahrungsort Deutschland um Wissenschaftsbeamten (z. B. DAI) auf Allgemeinkosten Ersatzaufgaben für alle entfallenen Tätigkeiten zu sichern.

Selbst die 1950 gegründete staatliche „Numismatische Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland“ hat in ihrer Stellungnahme vom 26.06.2015 eine Gefährdung der Sammel- und Wissenschaftskultur durch den Referentenentwurf erkannt.

Nach Sueton war Kaiser Augustus vor 2000 Jahren einer der ersten Münzsammler. Im 14. und 15. Jahrhundert hatten der Dichter Petrarca und der Bischof von Neidenburg umfangreiche Sammlungen historischer Münzen aller Länder. Die heutigen Münzsammler in Deutschland gehen in die Hunderttausende. Der Umsatz deutscher Münzauktionshäuser bewegt sich in mehreren einhundert Millionen Euro pro Jahr. Der Antikenhandel ist ein nicht unwesentlicher Wirtschaftsfaktor in München.

Die Sammler und Händler von Münzen, Antiken und „alten Sache aller Art“ sind bei dem Referentenentwurf gegenüber solchen von Gemälden und Bild-/Tonwerken stark benachteiligt. Die Sorgfaltspflichten im Geschäftsverkehr gelten nicht für den gewerblichen Handel mit Bild- und Tonträgern (§ 42 Abs. 2 Ziff. 2). Dies ist wohl vorauseilender Gehorsam des Referenten für das geplante TTIP-Abkommen zwischen EU und den Vereinigten Staaten von Amerika, da letztere außerordentlichen Wert auf die Handelsfreiheit ihrer Medienprodukte legen. Nach den aktuellen Ausführungen der Frau Kulturstaatsministerin Grütters sollen von dem Gesetz nur Kunstgegenstände über 150.000,- Euro nach der geltenden EU-Verordnung betroffen sein. Dies trifft für den „Anhang I zu der Verordnung (EG) Nr. 116/2009 des Rates vom 18.12.2008 über die Ausfuhr von Kulturgütern“ aber nur auf Gemälde zu. Nach dem Referentenentwurf sind Genehmigungen bei archäologischem Kulturgut, also Antiken und Münzen, ab 100,- Euro erforderlich (§ 43 Abs. 3).

Der Referentenentwurf und seine Behandlung in der Öffentlichkeit erweist sich damit als Verschleierung der mit unbestimmten Rechtsbegriffen bestückten Regelung, die einen Händler aber bereits bei fahrlässigem Verstoß für bis zu 3 Jahre ins Gefängnis bringt.

B. Zuständigkeitsverstöße

I. Die Einbringung des Gesetzes durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien in den Bundestag und die Zentralisierung bei Bundesbehörden (§§ 3 Abs. 2, 5, 15 Abs. 2 u. 4, 16 Abs. 4, 18 Abs. 3, 24 Abs. 2, 25 Abs. 2, 31 Abs. 2,  34 Abs. 4, 50 Abs. 2, 52 Abs. 3, 56, 59, 69, 70, 74 Abs. 3, 79 Abs. 4, 80, 81 Abs. 5, 87 Abs. 3) verstoßen gegen die

Kulturhoheit der Länder.

Nach Art. 30 GG ist die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgabe Sache der Länder. Kulturpolitik ist nicht dem Bund zugewiesen.

Erstmals zentralisiert wurden Kultur und Bildung gewaltsam durch den Nationalsozialismus. Die Zentralisierung wurde als Parteizentralismus nach dem Krieg in der DDR fortgesetzt. In der Bundesrepublik Deutschland stellten in der Bernkasteler Erklärung am 18. und 19.10.1949 die Kultusminister fest, „dass das Bonner Grundgesetz die Kulturhoheit der Länder innerhalb der Bundesrepublik Deutschland staatsrechtlich anerkennt“. Sie zeigten sich zugleich davon überzeugt, „dass die totalitäre und zentralistische Kulturpolitik der jüngsten Vergangenheit die verhängnisvolle Verwirrung und Knechtung des Geistes und die Anfälligkeit vieler Deutscher gegenüber dem Ungeiste wesentlich mit verschuldet hat“. In der Entschließung heißt es, dass „aus staatspolitischen und kulturgeschichtlichen Gründen das einzig zuständige und verantwortliche Organ für die Kulturpolitik der Länder die Kultusministerkonferenz ist, sofern es um Angelegenheiten von überregionaler Bedeutung geht“. Dies war die Umsetzung der Auflage der Alliierten, in der Bundesrepublik Deutschland die kulturpolitische Verantwortung des Staates sehr zurückhaltend zu interpretieren und die neue Verfassung knüpfte damit an die Strukturen des Kulturföderalismus der Weimarer Republik an.

Dies würde durch den Referentenentwurf vollständig konterkariert. Die Länder würden gegenüber dem Status quo weitgehend entmachtet (z. B. § 8 Abs. 1 KultGüRückG).

II. Keine Zuständigkeit der EU und des bundesdeutschen Gesetzgebers für grenzüberschreitende Eigentumsbeschränkungen

Der deutsche Staat ist verpflichtet, das Eigentum seiner Bürger gegen ausländische Zugriffe zu schützen (analog BVerfG, Beschluss vom 02.03.1999, Az.: 1 BvL 7/91, Denkmalschutz).

Der Gesetzgeber hat zwar die Möglichkeit, den Freiheitsraum des Einzelnen und die Belange der Allgemeinheit in einen gerechten Ausgleich zu bringen, insofern also auch die Eigentumsrechte einzuschränken (BVerfGE 58, 114). Dabei müssen aber die grundlegenden Wertentscheidungen des Grundgesetzes zugunsten des Privateigentums beachtet und auch die übrigen Verfassungsnormen unangetastet bleiben, also der Gleichheitssatz und das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Seifert/Hömig, GG, 4. A., Art. 14 Rdz. 4).

Der konkret vorhandene Bestand des Eigentums ist unangetastet zu lassen (BVerfGE 68, 222) und jedenfalls eine schonende Übergangsregelung für die Zukunft zu finden (BVerfGE 53, 351; 71, 144).

Dabei dürfte der deutsche Verfassungsgeber in Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG das Wohl der Allgemeinheit auf das der deutschen Gesellschaft beschränkt haben, da er zu anderen Regelungen nicht befugt war.

Dies könnte hier allenfalls erweitert sein durch die „Zwingenden Gründe des Allgemeininteresses der Staatengemeinschaft der Europäischen Union“ (EUGH, Urteil vom 23.11.1999, Az.: C 369/96, Ziff. 34 analog). Hierzu sollen zwar die Ziele der Kulturpolitik gehören. Es dürfte sich hier aber wohl wiederum nur um Binnengründe der Kulturpolitik handeln.

Insofern dürfte eine Novelle des deutschen Kulturgüterschutzgesetzes nur unter äußerst engen Voraussetzungen im europäischen Kontext möglich sein.

Als „Anlass von außen“ für eine Grundrechtsbeschränkung  kommt  allenfalls  infrage  die „UNESCO-Konvention 1970“.

„Zum Umfang und zu den Modalitäten der Umsetzung der Verpflichtung aus dem UNESCO-Kulturgutübereinkommen hat sich nach Ratifizierung bzw. Beitritt durch derzeit 109 Staaten eine völkerrechtliche Praxis herausgebildet, die den Vertragsstaaten bei der nationalen Umsetzung einen großen Spielraum belässt, soweit die Zielsetzung des Übereinkommens ausreichend berücksichtigt wird. Die Rücksichtnahme auf nationale Regelungen und Umsetzungsvorstellung ist in einigen Bestimmungen des UNESCO-Kulturgutübereinkommens selbst ausdrücklich vorgesehen, in anderem Zusammenhang ist sie dadurch bedingt, dass die Terminologie und der Regelungsinhalt im Übereinkommen nicht immer einheitlich oder eindeutig sind. Dem deutschen Gesetzgeber ist infolgedessen ein weiter Spielraum für die Umsetzung eingeräumt (Begründung Ziff. A I zum Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des UNESCO-Übereinkommens vom 14.11.1970 über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausführung und Übereignung von Kulturgut)“.

Der Referentenentwurf nach der Evaluationszeit hat also europäischen und deutschen Grundrechten standzuhalten, auch soweit sie ihre Ausprägung in zivilrechtlichen Vorschriften gefunden haben.

Während die „Richtlinie 93/7/EWG des Rates vom 15.03.1993 über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates verbrachten Kulturgütern“ noch von dem (privaten) „Eigentümer“ spricht, ist in der „Richtlinie 2014/60/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.05.2014 über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates verbrachten Kulturgütern und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 (Neufassung)“ nur noch vom (privaten) „Eigenbesitzer und/oder Fremdbesitzer“ die Rede. Dies ist im Referentenentwurf (z.B. §§ 2 I Ziff. 3 und 5, 64 und 65) übernommen, wobei begriffsverwirrend in anderen Passagen von Eigentümer oder unmittelbarem Besitzer (z.B. § 21 II) oder Gewahrsamsinhaber (z.B. § 34 II 1) oder Einführendem (z.B. § 31 I) oder Erwerber (z.B. § 41 IV) oder Inverkehrbringer (z.B. § 42 I) die Rede ist. Dies impliziert bereits (unzulässig) die fehlende (private) Eigentumsfähigkeit eines (stets staatlich-öffentlichen) Kulturgutes. Staatseigentum hat in einer Demokratie nur vorübergehende Besitzer, Politiker und Staatsbeamte. Als Resultat daraus müssen jene dieses so schnell als möglich ausbeuten, da sie keinen sicheren unbefristeten Besitz daran haben; während der Privateigentümer hier langfristig planen kann (Murray N. Rothbard; Man, Economy and State; S. 1276 – 1279); was in diesem Zusammenhang öffentliches Eigentum als ungeeignetere Form erscheinen lässt. Dies zeigen auch die aktuellen Kulturfrevel durch IS im Irak. Manches Kulturgut ist anderswo besser aufgehoben, als am Fundort. Jedenfalls ist diese EU-Norm nach deutschem Grundgesetz und Eigentumsbegriff auszulegen.

Nach dem Referentenentwurf ist als Kulturgut geschützt jede bewegliche Sache oder Sachgesamtheiten aus Geschichte, Wissenschaft und Kunst, insbesondere aus Naturgeschichte, Paläontologie, Ur- und Frühgeschichte, Archäologie, Ethnologie, Musik, Literatur, Numismatik oder anderen Bereichen des kulturellen Erbes (§ 2 Abs. 1 Ziff. 8). Die Beschränkung auf Kategorien oder Wertgrenzen ist nun entfallen. Damit sind auch geringwertige Güter und einzelne Münzen geschützt und das Alter spielt keine Rolle mehr.

Europäisches Parlament und der Rat der Europäischen Union erklären diese Bestimmungen zwar in Übereinstimmung mit Art. 36 AEUV. Dort ist allerdings auch gefordert, die Berücksichtigung des Eigentumsschutzes und verboten eine verschleierte Handelsbeschränkung.

Nach dem „Zusatzprotokoll zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention, Paris, 20.03.1952)“ hat „jede natürliche oder juristische Person das Recht auf Achtung ihres Eigentums“. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen (Art. 1 Abs. 1 S. 1 Zusatzprotokoll).

Die Verträge zur Europäischen Union lassen dabei die Eigentumsordnung in den verschiedenen Mitgliedsstaaten unberührt (Art. 345 AEUV).

Soweit es also um die Verbindung zwischen Kultur und Eigentum geht, hat die EU nur die Kompetenz zur Wahrung und Förderung der Kulturvielfalt und des Kulturaustausches, nicht zur Harmonisierung unter Ausblendung der nationalen Eigentumsgarantien (Art. 167 AEUV).

Inhaltlich schützt die europarechtliche Eigentumsgewährleistung allgemein solche Positionen, die erstens einen vermögenswerten Vorteil darstellen, die zweitens das Ergebnis der Investition von Kapital oder Arbeitskraft  sind und die drittens seinem Inhaber in eine dem klassischen Sacheigentum vergleichbaren Weise zugewiesen sind (Müller-Michaels, Grundrechtlicher Eigentumsschutz der Europäischen Union, 1997, S. 37). Dabei ist für den EUGH der Leistungsgedanke von zentraler Bedeutung (Jan Wilhelm, Sachenrecht, S. 166, Fußnote 625).

Damit dürfte mit der Europäischen Richtlinie ein Eingriff in bestehende deutsche Eigentumsrechte zum Zwecke des Kulturgutschutzes nicht vereinbar sein.

Es soll hier in erster Linie der Außenraum zur Europäischen Gemeinschaft geschützt werden, also etwa Länder wie Syrien, Iran, Irak und Ägypten. Diese Objekte werden aber überwiegend in den USA, der Schweiz, Russland und arabischen Ländern erworben. Es fehlt für die Europäische Union und die Bundesrepublik Deutschland also doppelt eine Regulierungsbefugnis. Einmal mangels Betroffenheit im wesentlichen Umfange und zum anderen, weil sowohl die EU, als auch die Bundesrepublik Deutschland, zu eigentumsbeschränkenden kulturellen Regelungen nach den gesetzlichen Vorgaben nur für den Binnenraum zuständig sind und den Außenraum nur in diesem Rahmen regeln dürfen.

C. Grundrechtsverstöße

I. Verstöße gegen die Eigentumsgarantie

Im Gegensatz zum aktiven staatlichen Tierschutz (Elfenbeinverbot), in Art. 20 a GG, sind die Kunst/Wissenschaft/Forschung und Lehre (also auch Kulturgut) (nur) frei (Art. 5 III GG).

„Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war. Ein Mann entdeckte ihn, grub ihn aber wieder ein. Und in seiner Freude verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte den Acker (Matthäus, Kapitel 13, Vers. 44-46)“.

Damit bestand bereits in der früheren Zeit unseres Kulturkreises kein obrigkeitlicher Anspruch auf den privaten Schatz.

Die Regelungen des BGB entsprechen im Wesentlichen der römischen Eigentumsvorstellung. Dort wurde das Eigentum allenfalls durch Nachbarrechte beschränkt, nicht durch höhere soziale Ziele und schon gar nicht durch Zugriff des Staates (Andreas Eckl, Bernd Ludwig; Was ist Eigentum?: Philosophische Eigentumstheorien von Platon bis Habermas; S. 59).

Das Eigentum seinerseits ist in Deutschland grundrechtlich geschützt (Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG).

Art. 14 will das Eigentum so schützen, wie das bürgerliche Recht und die gesellschaftlichen Anschauungen es geformt haben (BVerfGE 11, 70; 28, 142; Seifert/Hömig, GG, 4. A., Art. 14 Rz. 3).

Als Grundrecht kommt der Eigentumsgarantie die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich auf Nichtbeeinträchtigung zu sichern und ihm dadurch die eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen (BVerfGE 50, 339).

Geschützt wird der konkrete Bestand an vermögenswerten Gütern in der Hand des Eigentümers vor ungerechtfertigten Eingriffen durch die öffentliche Gewalt (Seifert/Hömig, GG, 4. A., Art. 14 Rz. 3).

Ein elementarer Bestandteil der Verfügungsbefugnis ist die Freiheit, das Eigentum zu veräußern (BVerfGE 79, 283).

Im Referentenentwurf ist eine Enteignung des privaten Eigentümers vorgesehen (§§ 38 Abs. 2, 51 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2, 53 Abs. 1 u. 2.). Die Höhe einer Entschädigung bestimmt sich ferner nach den Aufwendungen für den Erwerb des Kulturgutes und den notwendigen Maßnahmen zur Erhaltung des Kulturgutes. Die Entschädigung darf die Aufwendungen nicht übersteigen. Für entgangenen Gewinn ist keine Entschädigung zu zahlen (§ 66 Abs. 1). Das bedeutet: wenn ein Gegenstand vor Generationen in einer Familie für 100 Mark geworben wurde und dafür keine Belege vorhanden sind werden dem nunmehrigen Eigentümer 50 Euro erstattet, auch wenn das Stück auf dem Weltmarkt 1 Million Euro erbringen würde. Dies ist kalte grundgesetzwidrige Enteignung.

Der Referentenentwurf nimmt vom Einfuhrverbot von Kulturgut aus, was sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes im Bundesgebiet befindet. Unrechtmäßig soll dann sein, was nach dem 26.04.2007 aus dem Hoheitsgebiet eines UNESCO-Vertragsstaates oder nach dem 31.12.1992 aus dem Hoheitsgebiet eines anderen EU-Mitgliedsstaates nach Deutschland verbracht wurde. Ungeklärt ist bereits, wie sich diese drei Zeitpunkte von der Rechtssystematik unterscheiden, nachdem einmal von Ausnahmen vom Einfuhrverbot (§ 30) und zum anderen von der unrechtmäßigen Einfuhr von Kulturgut (§ 33) die Rede ist. Jedenfalls stellt dies keine schonende Übergangsregelung dar, wie sie nach dem Grundgesetz erforderlich wäre (BVerfGE 53, 351; 71, 144).

II. Beschränkung des Grundsatzes „nulla poena sine lege“

Nach Art. 103 Abs. 2 GG kann eine Tat nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

Dies bedeutet unabdingbar eine äußerst konkrete Fassung von Strafrechtsbestimmungen (Art. 20 Abs. 3 GG). Dies ist in dem Referentenentwurf wegen der Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe und stets wechselnder Begriffe für die Agierenden nicht gewährleistet. Zudem verweist § 83 Abs. 1 Ziff. 3 i. V. m. § 82 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 31 Abs. 2 auf eine unbestimmte Ermächtigungsnorm (e contrario BVerfG NJW 1975, 727; Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG).

So soll bei gewerblichen Vorgängen die Pflicht bestehen, zu prüfen, ob das Kulturgut in öffentlich zugänglichen Verzeichnissen und Datenbanken eingetragen ist (§ 42 Abs. 1 Ziff. 7).

Die Beamtin des Bundeskriminalamtes, Sylvelie Karfeld, stellte auf der Tagung „Kulturgut in Gefahr: Raubgrabungen und illegaler Handel“ vom 11. und 12.12.2014 im Auswärtiges Amt in Berlin klar, dass keinesfalls daran gedacht sei, den Händlern, die zur Identifizierung illegalen Gutes neben dem privaten „Art Loss Register“ auch eine funktionierende Interpol-Datei wünschten, durch die Einrichtung einer solchen Datei einen „Persilschein“ auszustellen. Damit wendet sich die Polizei gegen die zur Gesetzeserfüllung notwendige Öffnung und Optimierung ihrer Dateien.

D. Im Referentenentwurf nicht benannte, aber tatsächlich vorgenommene, Gesetzesänderungen

I. Materielle Rechtsänderungen im BGB

Nach § 1006 Abs. 1 BGB wird vermutet, dass der unmittelbare Besitzer im Zeitpunkt des Besitzerwerbs Eigenbesitz begründet und damit zugleich Eigentum erworben hat (BGH, Urteil vom 08.07.1964, Az.: VIII ZR 63/63). Für den Fortbestand des vermuteten Eigentums beim Erwerber spricht dann eine allgemeine Rechtsfortdauervermutung (Münchener Kommentar, BGB, 3. A., § 1006 Rdnr. 13). Die Vorschrift erspart dem Besitzer somit den Nachweis eines rechtswirksamen Eigentumserwerbs in seiner Person oder der seines Rechtsvorgängers.

Die entspricht dem gleichlautenden römischrechtlichen Grundprinzip (Therese Müller, Besitzschutz in Europa: Eine rechtsvergleichende Untersuchung, S. 135).

Der bundesrepublikanische Gesetzgeber wollte diese weitreichenden Folgen ausdrücklich im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert sehen (Zitate zur Gesetzesbegründung in Münchener Kommentar, Bürgerliches Gesetzbuch, Sachenrecht, 3. A., § 1006, Rdz. 1). Das BGB übernahmen Griechenland und Japan sowie zum Teil Italien und China.

In Deutschland wird öffentliches Kulturgut grundsätzlich wie jede beliebige andere Sache behandelt. Auch eine öffentlich-rechtliche Widmung überlagert das allgemeine Zivilrecht nicht (Weidner, aaO, S. 37; BVerwG NJW 1980, 2358).

Dieser seit über 100 Jahren im BGB und seit über 2000 Jahren im Römischen Recht bewährte Grundsatz wird durch den Referentenentwurf ausgehebelt; ohne diese Rechtsänderungen im BGB zu vollziehen.

Etwa durch § 41 Abs. I Ziff. 1 und Ziff. 3, Abs. 2, § 33 Ziff. 1, § 42 Abs. 1 Ziff. 3, 4, 6 sowie § 51 Abs. 2. Insbesondere aber eliminiert § 53 Abs. 2 solche Rechte zum Zwecke der Enteignung.

Die deutscher Rechtslage entsprechenden Beweislastregeln des „alten“ § 13 Abs. 3 KultGüRückG werden im Referentenentwurf „vorenthalten“.

II. Widerrechtliche Anforderung an Herkunftsnachweis

In § 31 Abs. 1, § 42  Abs. 1 Ziff. 3 und 4, § 65 Ziff. 1, § 82 Abs. 1 Satz 2 und  § 85 Abs. 2 Ziff. 2 des Referentenentwurfes wird offensichtlich eine Begleiturkunde für jedes Kulturgut vorausgesetzt.

Nach deutschem Recht begründet eine Begleiturkunde aber weder Eigentum, noch hindert das Fehlen einen Eigentumsübergang (§ 952 Abs. 1 Satz 1 BGB). „Alte“ Begleitpapiere zu Münzen als „Zahlgeld“ widersprächen zudem deren Zweck, „dem Handel staatliche Erleichterung zu schaffen“ (Kruenitz u.a., Oekonomische Encyclopaedie, Münze und Münzwissenschaft, Berlin, 1805, S. 814, Ziff. 34). Es gibt sie daher nicht. Das gleiche trifft zu für antike Kunstgegenstände, die seit jeher als Geschenke unter Herrschern, als Opfergaben für Tempel, als Auftragswerke für Bürger und auch bei geschichtlich sanktionierten Raubzügen ihren insofern legalen Weg um die Welt angetreten hatten. Laut Flavius Josephus gab es in Griechenland keinen Tempel, den Caligula ungeplündert ließ (Wisemann, Flavius Josephus, Death of an Emperor, University of Exeter, Press Reed Hall, 1991, S. 3 Rz. 7). Nero beschäftigte eine eigene Trophäenkommission, die etwa 500 große Statuen von Delphi nach Rom schaffte. Seit dem Ende des 3. Jh. v. Chr. plünderten römische Feldherren an der Spitze ihrer Heere systematisch Städte und Tempel in Süditalien, Griechenland und im Hellenistischen Orient und verschleppten Kunstschätze als Teil der Kriegsbeute nach Rom. Die größte Verlagerung antiker Kunst aus ihrer Heimat fand seit 324 unter Constantin dem Großen statt, der sein neues Rom am Bosporus mit den bedeutendsten Werken der gesamten griechisch-römischen Welt ausstattete (Bassett, The Urban Image of Late Antique Constantinople, Cambridge 2004, S. 37-49). Im Jahr 1204 plünderte das Heer des 4. Kreuzzugs unter dem venezianischen Dogen Enrico Dandolo rücksichtslos und umfassend die Schätze der Byzantinischen Hauptstadt Konstantinopel. Den „Schatz des Priamos“ beließ die Türkei Schliemann nach Zahlung einer Strafe und diesen verschleppten sodann die sowjetischen Truppen von Berlin nach Moskau. Wer ist aber nun der Nachfolgestaat solcher untergegangenen Kulturen? Hinsichtlich Roms rühmten sich das Heilige Römische Reich, der russische Zar und der italienische Staats Mussolinis als dessen Nachfolger. Die Bundesrepublik Deutschland wurde als identisch erachtet mit dem Deutschen Reich, Montenegro nach dem Zerfall der Doppelstaaten aber nicht als Rechtsnachfolger Serbiens. Das Völkergewohnheitsrecht gibt hier keine exakte Auskunft. Welches alte Kulturgut gehört also welchem neuen Staat? Und welcher neue Staat hat infolgedessen für welches alte Kulturgut welche Exportgenehmigung zu erstellen, die auch völkerrechtlichen Ansprüchen genügt?

E. Bürokratie-Aufbau und erhebliche Belastung des Bundeshaushaltes

I. Der Referentenentwurf überbürdet im Wesentlichen die Nachweispflichten dem Bürger.

Bei archäologischem Kulturgut ab einem Wert von 100,- € (!!).

Es bleibt offen, ob  in „Negierung“ oder „Außerkraftsetzung“ des wegweisenden BFH-Urteils zu Münzen (BFH, Urteil vom 11.12.2012, Az.: VII R 33, 34/11).

Letztlich ist durch das beabsichtigte Gesetz aber „auch jede Schnupftabakdose betroffen (so die mündliche Erläuterung der beabsichtigten Gesetzesnovelle auf der Internationalen Tagung „Kulturgut in Gefahr: Raubgrabungen und illegaler Handel“ vom 11. und 12.12.2014 im Auswärtigen Amt in Berlin; offenbar in Anlehnung an EWG-VO Nr. 3911/92 des Rates vom 09.12.1992 über die Ausfuhr von Kulturgütern, Anhang A und B der Europäischen Union).“ Es handelt sich damit um ein „Massenphänomen“. Es wird also durch die geplante Novelle Allgemeinrecht in erheblichem Umfange tangiert, das über 100 Jahre alte BGB, das über 60 Jahre alte Grundgesetz, das über 40 Jahre alte UNESCO-Übereinkommen und die über 15 Jahre alte EWG-Verordnung.

Dies wird den öffentlichen Haushalt belasten, zumindest für die in Deutschland befindlichen Münzen, Antiken und Kunstwerke amtliche Dokumente auszustellen. Ein solcher „Antikenpass“ für alle undefiniert „alten Gegenstände“, würde einen hohen bürokratischen Aufwand für eine letztlich „nicht-staatliche“ Aufgabe mit sich bringen, der gegen den Grundsatz der Sparsamkeit des Bundeshaushaltes verstoßen dürfte (§ 7 Abs. 1 Satz 1 BHO). Andererseits darf ein Staat, der solch grundrechtseinschränkende Handelshemmnisse aufbaut und mit beliebig variierbaren Begriffen arbeitet, die sich überwiegend nach ausländischen Rechtsnormen und Erlassen bestimmen, den eigenen Staatsbürger bei dessen Interpretation nicht „schutzlos“ lassen (Art. 103 Abs. 2 GG).

II. Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien führt als Exempel das Schweizerische Kulturgütertransfergesetz als vorbildlich und exemplarisch an.

Allerdings hat der Vater des Schweizerischen Kulturgütertransfergesetzes, der damalige Leiter der Rechtsabteilung im Bundesamt für Kultur, Andrea Rascher, selbst ausgeführt: „Das Gesetz ermöglich es dem Bundesrat, rasch Importverbote für Kulturgüter aus Krisenländern einzuführen, die selbst die Ausfuhr von Kulturgütern nicht mehr kontrollieren können. Allerdings ist der entsprechende Artikel bisher noch nie angewandt worden.“ So der Bericht von Markus Spörndli, „Schweizer Dienste für alte Kulturen“ in der WOZ Nr. 11/2015 vom 12.03.2015. Also trotz des IS-Desasters im Irak hat die Schweiz das Gesetz eben gerade nicht angewandt. Soweit der Schweizer Presse zu entnehmen ist, findet das Kulturgütertransfergesetz zwar auch Anwendung auf die Zollfreilager in der Schweiz, dürfte aber eher nur höchst sporadisch überprüft werden. Damit bietet sich die Schweiz als Muster gerade nicht an.

III. Falsche Prämissen und fehlende Datengrundlage

1. Falsche Prämissen

Offenbar, um einen „Gesetzgebungsnotstand“ zu schaffen, sieht der Referentenentwurf unter Ziff. A die Notwendigkeit der Neuregelung in der Bekämpfung von Finanzierungsmöglichkeiten von Terror-Organisationen.

Diese Behauptung ist falsch und mit nichts belegt. Dies zeigt sich einmal daran, dass gegenwärtig ein Forschungsprojekt gestartet wird, um ein generelles Dunkelfeld erst zu erforschen. Nach Mitteilung des Fraunhofer-Instituts startet hierzu ILLICID in Kooperation mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und dem Leibnitz-Institut für Sozialwissenschaften Mannheim.

Es zeigt sich weiter daran, dass in der Tagung „Kulturgut in Gefahr“ auf die Frage des Handelsblatt-Journalisten  nach der Validierung der Zahlen über den Schwarzmarkt bei Antiken die Präsidentin des DAI Friederike Fless antwortete, „selbstverständlich gebe es für die in den Raum gestellten 7 bis 8 Milliarden Euro kein belastbares Material; dies sei aber gleichgültig, auch bei einem Betrag von 2 Millionen Euro würde sich an der Gesetzesinitiative nichts ändern“.

Insbesondere hat aber die erste, derart aufgestellte Behauptung, des NDR-Redakteurs Kuno Haberbusch zum eigenen Widerruf dieser Behauptung in der SZ Nr. 263 vom 15./16.11.2014 auf Seite 13 ff (Buch Zwei) geführt.

Es ist denklogisch ausgeschlossen, dass Organisationen, wie die IS, die antike Stätten in großem Umfang zerstören, weil dies bereits Mohammed so praktiziert hat und ihren radikalen Kulturwandel stützt, andererseits ihrer Meinung nach heidnische Kultgegenstände erhalten und veräußern. Diese Organisationen versuchen, die Wurzeln ihrer Länder auszurotten, um eine neue Kultur darauf zu setzen. Es widerspricht dieser Ideologie infolgedessen, alte Kultgegenstände zu erhalten und damit auch, damit Handel zu treiben („analog“ Altes Testament. 5. Buch Mose, Kapitel 7).

Dass der Referent in seinem Entwurf eine pauschal diffamierende Begründung voranstellen musste, beweist, dass er sich der Grundgesetzwidrigkeit, Europarechtswidrigkeit, Föderalismuswidrigkeit, BGB-Widrigkeit und Wirtschaftswidrigkeit seines Entwurfes bewusst war; was er auch durch Begriffsverwirrung und zahllose interne Gesetzesverweisungen zu verschleiern suchte, letztlich aber selbst der Meinung war, einen supragesetzlichen Notstand konstruieren zu müssen.

2. Fehlende Datengrundlage

Der Erfüllungsaufwand für Sammler und Händler entbehrt jeder Datengrundlage. Er ist bei millionenfach gehandelten Münzen über 100,- Euro pro Stück immens, wenn für jede dieser Münze nun ein Begleitpapier beschafft werden muss. Zahlungsmittel haben und hatten aus ihrer Funktion heraus keine Begleitpapiere, nicht Antiken und auch nicht „alte Uhren, Schränke und Chaiselongues“.

Darüber hinaus kann im Rahmen von Strafrechtsvorschriften der Bürger und der Auktionator nicht darauf verweisen werden, sich selbst „im Internet“ über „ausländische Rechtsvorschriften“ zu informieren, die er schon sprachlich und jedenfalls inhaltlich, da möglicherweise völlig fremde Gesetzeslogiken zugrunde liegen (Fall-Recht, Scharia, …) gar nicht selbst interpretieren kann. Dies bedeutet, dass sämtliche ausländischen Gesetze, Ausführungsbestimmungen und Deklarationen der UNESCO-Vertragsstaaten in Deutschland in deutscher Sprache mit deutscher Kommentierung nebst allen gelisteten Gegenständen aus allen UNESCO-Vertragsstaaten mit laufender Aktualisierung den Bürgern und Händlern zur Verfügung gestellt werden müssen; dass behördlicherseits entsprechende deutsche Begleitpapiere zu erstellen und ausländische zu prüfen sind und dass entsprechende Einfuhr-/ Ausfuhrgenehmigungen zügig zu erstellen sind.

Dies erfordert bei Millionen gehandelter Münzen und Antiken sowie alter Gegenstände jedes Jahr in Deutschland einen nicht zu erbringenden Verwaltungsaufwand. Beim Versand von 100 Münzen à 101,- € wären binnen Tagen 100 Ausfuhrgenehmigungen mit je einem Formblatt mit Foto und Begleitpapieren zu beantragen, zu genehmigen und vom Zoll freizugeben. Bei tausenden solcher Vorgänge täglich.

F. Schlusswort

Den wahren Gesetzeszweck hat Frau Grütters ehrlich geäußert: „in Deutschland den Ankauf des Staates für Antiken und Münzen sowie sonstige Kunstwerke durch Marktbeschränkungen so billig als möglich zu machen.“ Ist dies: „Freiheit statt Sozialismus“?

Nachtrag zum neuen Bearbeitungsstand 14.07.2015

A.
Der ursprünglich vorgesehene § 17, der die Unverletzlichkeit der Wohnung zum Zwecke von Durchsuchungen beseitigte, ist nun offensichtlich gestrichen. Ein solcher zwangsweiser Zutritt kann aber jederzeit über eine parallele Strafanzeige nach § 102 StPO erfolgen und zwar nach der Strafvorschrift des verbotenen Inverkehrbringens von unrechtmäßig eingeführten Kulturgütern (§ 79 Abs. 2 Ziff. 2 i. V. m. § 39 Abs. 1). Wobei auch hierfür die strafrechtlich und zivilrechtlich unzulässige Beweislastumkehr gelten dürfte (§ 52 Abs. 2). Die Streichung ist daher nur Täuschung.

B.
Täuschung ist auch der § 29 Abs. 1, wonach vom Einfuhrverbot ausgenommen ist, was sich bereits in Deutschland befindet. Denn auch dies unterliegt den unerfüllbaren Nachweispflichten beim „Inverkehrbringen“.

C.
Geblieben ist die Verpflichtung bei gewerblicher Tätigkeit einem Kaufinteressenten alle Aufzeichnungen über das Kulturgut vorzulegen (§ 44 Abs. 3 Satz 1). Dabei kann bereits ein Sammler, der häufig Teile seiner Sammlung veräußert, in die gewerbliche Tätigkeit gelangen. Die Offenlegung der Aufzeichnungen gegenüber Kaufinteressenten hat dabei mehrfach negative Auswirkungen. Organisierte Banden könnten als Kaufinteressenten Einlieferer wertvoller alter Gegenstände identifizieren in der Vermutung, „dass dort noch mehr zu holen ist“; was zu einer anderen Art der Wohnungsdurchsuchung führen könnte. Andererseits kann jeder Kaufinteressent, wenn er in die Unterlagen eingelieferter Gegenstände Einsicht genommen hat und den Einlieferer kennt, sich unter Umgehung des (Zwischen-) Händlers direkt dorthin wenden und eigene Preisverhandlungen führen. Dies wäre das Ende aller Antiquitäten-/Antiken-/Münzgeschäfte vom größten Auktionshaus bis zum kleinsten Stand auf der Auer Dult. Wer die Kundendaten der Einlieferer als Geschäftsführer einer GmbH und damit ein Geschäftsgeheimnis offenbart, macht sich hieraus strafbar (§ 85 Abs. 1 GmbHG). Der Geschäftsführer, der die Daten seiner Einlieferer Dritten bekannt macht, nämlich Kaufinteressenten, ist damit entweder nach GmbH-Gesetz oder nach Kulturgutschutzgesetz strafbar; dies kommt einem Berufsverbot gleich; das allerdings wiederum seinerseits unzulässig ist (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG).

Wer Kulturgut gewerblich in Verkehr bringt hat darüber hinaus Name und Anschrift des Veräußerers, des Einlieferers, des Erwerbers oder des Auftraggebers festzustellen und festzuhalten (§ 41 Abs. 1, Ziff. 1). Dies stellt zunächst einen Verstoß gegen § 1 Abs. 1 BDSG dar. Dies mag durch übergeordnete Interessen beim Geldwäschegesetz gerechtfertigt und damit datenschutzrechtlich erlaubt sein; denn dort sind grundsätzlich zweifelhafte Geschäftsabläufe aller Branchen erfasst. Ein solcher Verstoß gegen Datenschutzgesetze dürfte aber nicht zulässig sein, im Wege eines Generalverdachts für alle „Geschäfte mit alten Sachen“, die Kulturgutstatus haben könnten. Zumal der Kulturgutstatus sich nicht von selbst ergibt, sondern möglicherweise erst im Nachhinein erkennbar ist und war. Nachdem eindeutige Definitionen im Gesetz selbst fehlen.

Die Streichung des § 17 im Entwurf mit Bearbeitungsstand 14.07.2015 hat also keineswegs zu einer Entschärfung des Gesetzes geführt, das so den Handel, auch durch Sammler mit reger „Tausch“-Tätigkeit, von altem Kulturgut auslöschen würde.

Dem ist entgegenzutreten.

Zur Seite der Kanzlei Walser in München gelangen Sie hier.

Wir berichteten bereits in der MünzenWoche ausführlich über den Referentenentwurf

… und über die Stellungnahme der Numismatischen Kommission der Länder zur Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes.

Eine Online-Petition „Für den Erhalt des privaten Sammelns“ können Sie hier unterschreiben.