„Geld und Schönheit“ – eine eindrucksvolle Ausstellung in Florenz

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15. September 2011 – Meisterwerke von Botticelli, Beato Angelico, Piero del Pollaiolo, den Della Robbia, Lorenzo di Credi und Memling – also der Crème de la crème der Renaissancekünstler – führen vor Augen, wie sich das moderne Bankensystem parallel zu der einflussreichsten Blütezeit der Kunst in der gesamten Geschichte der westlichen Welt entwickelte. „Geld und Schönheit. Bankiers, Botticelli und die Feuer der Eitelkeiten“ ist vom 17. September 2011 bis 22. January 2012 im Palazzo Strozzi in Florenz zu sehen. Die Ausstellung fragt, wie in dieser Zeit auf einzigartige Weise Hochfinanz, Wirtschaft und Kunst mit religiösen und politischen Umwälzungen verbunden waren.

„Fiorinaio“, 1317-1834. Pergamentregister, in Leder gebunden und mit hölzernen Deckeln; Kanzleivermerke in den unterschiedlichen Handschriften der Beamten der Münzstätte. Florenz, Archivio di Stato, Ufficiali della moneta, spätere Maestri di zecca, 79, fol. 14r – Foto: Archivio di Stato di Firenze, mit Erlaubnis des Ministero per i Beni e le Attività Culturali.

Die Ausstellung untersucht die Geburt des modernen Bankensystems und den wirtschaftlichen Boom, der davon ausgelöst wurde. In diesem Zusammenhang rekonstruiert sie das Leben in Europa und die Wirtschaft des Kontinents vom Mittelalter bis zur Renaissance. Die Besucher tauchen ein in das alltägliche Leben der Familien, die das Bankensystem kontrollierten und nehmen dabei die Spaltung wahr, die zwischen den spirituellen und den ökonomischen Werten einsetzte. Die Geschichte der Auftraggeber ist eng verknüpft mit derjenigen der Bankiers, die die Spekulationen von Prinzen und Adligen finanzierten. Eben dieses Milieu begünstigte die kreative Blüte zahlreicher Künstler.

„Geld und Schönheit“ nimmt den Besucher mit zu den Ursprüngen der Florentinischen Macht in Europa. Die Ausstellung zeigt die wirtschaftlichen Mechanismen, die den Florentinern – fünfhundert Jahre vor Erfindung moderner Kommunikationsmethoden – ihre Vorrangstellung in der Welt des Handels verschaffte; durch diese Vorrangstellung finanzierten sie die Renaissance. Der Besucher erfährt, wie die Bankiers ihre ungeheuren Reichtümer anhäuften, wie internationale Beziehungen unterhalten wurden und wie es zu dem Beginn modernen Mäzenatentums kam: Häufig begann diese Aktivität als eine Art Bußhandlung und wandelte sich später zu einem regelrechten Machtinstrument.
Werke berühmter flämischer Maler illustrieren das alltägliche Leben der Bankiers, als Florenz in der ganzen Welt als Hauptstadt des Kapitals galt.

Flämischer oder französischer Geldbeutel aus Sämischleder mit acht Taschen, 16. Jahrhundert. Florenz, Museo Nazionale del Bargello, Inventarnr. 1810 C – Foto: Rabatti & Domingie Photography, Florenz.

Kuratiert wird die Ausstellung von der Kunsthistorikerin Ludovica Sebregondi, Autorin eines Buches zur Ikonographie des Girolamo Savonarola (1495-1998) und von Tim Parks, Schriftsteller, Übersetzer und Autor von „Medici-Geld – Bankgeschäfte, Metaphysik und Kunst im Florenz des 15. Jahrhunderts“. Die ganze Ausstellung ist als „Duett“ konzipiert, in dem die beiden Kuratoren ihre unterschiedlichen, bisweilen sogar entgegengesetzten Sichtweisen auf das Thema ausbreiten. Die Besucher sollen sich Kunst von einer disziplinübergreifenden Perspektive aus nähern; daher haben auch Wirtschaftswissenschaftler, Politiker und Diplomaten Beiträge geliefert. So soll untersucht werden, wie sich die Florentiner Renaissance entwickelte dank der vermeintlich offenen, tatsächlich aber viel öfter verborgenen Beziehung zwischen Kunst, Macht und Geld.

Zentral für das Ausstellungsthema sind die Meisterwerke, die im Auftrag der bedeutenden Bankiersfamilien geschaffen wurden. Doch die finanzielle Stärke dieser Familien wurde erschüttert durch wirtschaftliche Rückschläge und den gesellschaftlichen Sturm, den der Prediger Girolamo Savonarola (1452-1498) auslöste. Mit seinen „Feuern der Eitelkeiten“ setzte sich der Dominikanermönch allem entgegen, wofür die Renaissance stand – obwohl er selbst ein Teil dieses Ganzen war.

Fiorino d’oro, 1252-1303 – 2,03 cm – 3,4 g. – Vorderseite: die Lilie von Florenz, Rückseite: der Heilige Johannes der Täufer, der Schutzpatron von Florenz. Florenz, Museo Nazionale del Bargello, Münzen-Inventarnr. 117.

Unter den über 100 Objekten der Ausstellung finden sich Leihgaben der Vatikanischen Museen, der National Gallery in London, des Groeningemuseum in Brüssel, des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg, des Museo Correr in Venedig, des Boijmans van Beuningen Museums in Rotterdam, der Bibliothèque Nationale de France in Paris, der St. Bonaventure University, Olean, New York, und des Poldi Pezzoli Museum in Mailand, sowie von den bedeutendsten Museen in Florenz (den Uffizen, dem Bargello und dem Museum von San Marco) und von mehreren privaten Sammlungen.

Interaktive Angebote erlauben den Besuchern, zu verstehen, wie die Händler durch das Vertreiben von Handelsgütern und Geld in Europa ihre Gewinne machten. Jeder Besucher kann 1000 virtuelle Gulden von seiner Eintrittskarte verwenden, die er in dem Spiel „Folge deinen Gulden“ einsetzt. Andere Spiele richten sich an die ganze Familie und besonders an Kinder. Außerdem werden Workshops angeboten, Bücher sowie ein City-Pass als Eintrittskarte zu den Orten der Stadt, die mit der Ausstellung in Verbindung stehen.

Die Ausstellung ist folgendermaßen untergliedert:

Sektion 1: Der Florin, das Bild von Florenz in der Welt
Die Ausstellung wird eröffnet mit dem Fiorino d’oro, der Florentiner Goldmünze, die seit 1252 geprägt wurde. Sie ist benannt nach der Lilie auf der Vorderseite, während der Heilige Johannes der Täufer in seiner Rolle als Stadtpatron die Rückseite ziert.

Jacopo di Cione, Niccolò di Tommaso, Simone di Lapo, „Bekrönung der Jungfrau“, mit dem Hl. Johannes dem Täufer, der Hl. Katharina von Alexandria, der Hl. Anna, dem Hl. Matthäus, dem Hl. Papst Viktor, dem Hl. Johannes dem Evangelisten, dem Hl. Zanobius, dem Hl. Barnabas, dem Hl. Abt Antonius, der Hl. Reparata; den Propheten Jesajah und Hesekiel (in den oberen Ecken); dem Wappen der Florentiner Münzstätte (auf der Predella), 1372-3, Tafelbild, 350 x 192,3 cm. Florenz, Galleria dell’Accademia, 1890 Inventarnr. 456.

Der beeindruckende hölzerne Altar wurde im 14. Jahrhundert für die Münzstätte angefertigt und anlässlich der Ausstellung restauriert. Er illustriert die Bedeutung dieser Institution, die von den beiden wichtigsten Gilden in Florenz kontrolliert wurde, der Arte di Calimala und der Arte del Cambio.

Sektion 2: Alles hat seinen Preis
In dieser Abteilung geht es um Glaube und Geld. Obwohl das Leben von einem tiefen Sinn für Religiosität geprägt war, hatte gleichzeitig jeder Aspekt des Lebens einen Preis. Werke des 14. und 15. Jahrhunderts zeigen das Verhältnis zur Religion, das Personen hatten wie der Händler und Bankier Francesco Datini (um 1335-1410) und was Dinge des täglichen Lebens kosteten.

Sektion 3: Wucher
Die Wuchergesetzgebung folgte aus der Spannung zwischen der traditionellen religiösen Einstellung und der wirtschaftlichen Entwicklung, die zu wachsendem Wohlstand immer größerer Kreise führte. Da das Wucherverbot die Möglichkeiten der Bankiers einschränkten, sahen diese sich zu komplexen Operationen gezwungen, um die Vorgaben zu umgehen. In diesen Zusammenhang gehört auch die Rolle der jüdischen Geldverleiher und die Entstehung der Pfandleihbank Monti di Pietà. Die Strafe für Wucherer in der Hölle zeigen Werke von Orcagna und flämischen Künstlern; mit den Wucherern hatten auch die Steuereintreiber zu leiden, sowie die Wechsler und die Geizigen. Diese Bilder zeigen häufig auch das Alltagsleben, in dem sich diese Menschen versündigt hatten. Ihnen sind Heilige gegenübergestellt, die vehement gegen den Wucher gepredigt hatten: der Heilige Antoninus und der Selige Bernhard von Feltre.

Sektion 4: Die Kunst (und das Geheimnis) des Wechsels
Die Erfindung des Wechsels revolutionierte den Handel und erlaubte dem Bankenwesen zu prosperieren – und gleichzeitig die Wuchergesetze zu befolgen. Die gemäßigte Geschwindigkeit, mit der internationale Handelsbeziehungen ausgeübt wurden, verhalf den Bankiers zu einem enormen Profit, der offiziell durch erlaubten Geldumtausch zustande kam.

Geheimes Geschäftsbuch der Medici-Bank, das Giovanni Benci führte, 1440-50. Handschrift des Giovanni Benci. Florenz, Archivio di Stato, Mediceo avanti il Principato, 153, c. 1 – Foto: Archivio di Stato di Firenze, mit Erlaubnis des Ministero per i Beni e le Attività Culturali.

Um ihren Profit zu vergrößern, bevorzugten Banken internationalen Handel vor lokalen Investitionen. Dadurch nahmen sie großen Einfluss auf die europäische Wirtschaft. Gleichzeitig führte die weite Verbreitung von Wechseln dazu, dass die Banken immer stärker Gelder für die Kirche sammelten. In diesem Bereich werden Dokumente gezeigt, mit denen Finanzberechnungen erstellt wurden und andere Gegenstände, die im internationalen Handel zum Einsatz kamen. Multimedia-Installationen verdeutlichen die Routen, die in der Zeit befahren wurden.

Sektion 5: Internationaler Handel: Händler und Handel
Welche Risiken mussten einkalkuliert werden, wenn man international tätig wurde? Das Reisen zu Land und zur See war nicht ungefährlich. Piraten und Räuber waren der Grund, warum man immer häufiger Kreditbriefe mit sich trug statt Bargeld. Darstellungen von Schiffen und Handelszügen lassen diese Welt lebendig werden.

Sektion 6: Die Luxusgesetze
Wie die Wuchergesetze beschränkten auch die Luxusgesetze (Vorgaben zum Aufwand bei Kleidern, Juwelen, Festen, Hochzeiten und Begräbnissen) die soziale Mobilität und das freie Zirkulieren von Reichtum. Die Mächtigen versuchten so, das Aufkommen einer mobilen und individualistischen Gesellschaft zu unterdrücken. Wertvolle Gegenstände illustrieren hier genau das, was die Luxusgesetze verboten.

Sektion 7: Bankiers und Künstler
Hier steht der luxuriöse Lebensstil der Händler und Bankiers im Mittelpunkt. Daneben wird aufgezeigt, wie ihre Aufträge sich verschieben von vorwiegend sakralen Kunstwerken hin zu weltlichen und von einem Mäzenatentum, das sich von dem öffentlichen Bereich in den privaten verlagerte. Botticelli personifizierte wohl besser als jeder andere das Idealverhältnis zwischen Künstler und Auftraggeber: Insbesondere für die Medici malte er und unterstützte gleichzeitig ihre Politik.

Marinus van Reymerswaele (Reymerswaele um 1490-Middelburg, nachgewiesen bis 1567), „Der Geldwechsler und seine Ehefrau“, 1540, Öl auf Leinwand, 84 x 114 cm. Florenz, Museo Nazionale del Bargello, Carrand Legacy, Inv. 2058 C.

Nicht nur Porträts sondern auch Gemälde, Skulpturen, Mobiliar, Medaillons und exklusive Luxusgegenstände aus Elfenbein zeigen dem Besucher, wie die führenden Familien und Bankiers lebten, die viele der bedeutendsten Meisterwerke der Renaissance in Auftrag gaben.

Sektion 8: Krise
Als der Mönch Savonarola auf dem Höhepunkt seiner Macht war, stürzte die Medici-Bank und die ganze Familie Medici in eine tiefe Krise. Die beiden „Freudenfeuer der Eitelkeiten“, die Savonarola organisierte, beendeten eine Ära. Zahlreiche Künstler (darunter Botticelli und Lorenzo di Credi) waren gezwungen, ihre eigenen „schlüpfrigen und unmoralischen“ Kunstwerke in die Flammen zu werfen.

Falls Sie mehr Informationen suchen, schauen Sie auf die Seite des Palazzo Strozzi.

Eine wundervolle Einführung in den historischen Hintergrund bietet Tim Parks, Das Geld der Medici. Hier ein Link zu Amazon.de