Frauen und Finanzen. Spannende Erkenntnisse aus Wertpapieren

In Olten hat die Wertpapierwelt – Museum für historische Aktien und Anleihen ihre hochinteressante Ausstellung „Frauen und Finanzen. Die weibliche Rolle auf Wertpapieren“ eröffnet. Wir präsentieren hier exklusiv Teile des Katalogs: Lesen Sie, wie exotische Schönheiten und antike Göttinnen auf Aktien kommen, und wie sich weibliche Rollenbilder wandelten – auch im realen Wirtschaftsleben!

Frauen spielten in der Börsenwelt seit jeher eine Rolle. Dies mag im ersten Moment erstaunen, gilt doch die Welt der Wertpapiere als Männerdomäne. Ein Blick auf Aktien und Anleihen vergangener Zeiten spricht dagegen eine ganz andere Sprache: weibliche Gestalten wohin man sieht! Doch bis sie sich aktiv am Finanzgeschehen beteiligen konnte, war die Frau jahrhundertelang auf die Rolle einer werbewirksamen Ikone beschränkt.

Ein Blick in die Ausstellung.

Fruchtbarkeit und Prosperität sollte sie verkörpern. Tugendhaft und anmutig repräsentierte sie die Werte eines Unternehmens auf dessen Anteilscheinen, damit die vor allem männlichen Investoren ihm mit gutem Gefühl ihr Geld anvertrauten. Tatkräftige Frauen unterstützten zwar bis zur industriellen Revolution durchaus die Geschäfte ihrer Ehemänner oder Väter, aber ihre rechtliche und soziale Stellung erlaubte es ihnen in der Regel nicht, selbst an der Börse aktiv zu sein. Erst der gesellschaftliche Wandel im 20. Jahrhundert brachte den Frauen das Recht auf eigenes Vermögen, aber auch die Notwendigkeit sich mit dessen Verwaltung – nicht zuletzt als Altersvorsorge – zu befassen. Vorbei sind die Zeiten, als Frauen allein schon rechtlich auf einen „Versorger“ angewiesen waren.

Die Präsentation in den Vitrinen wird durch informative Schautafeln ergänzt.

Heute verwalten sie nicht nur in den privaten Haushalten häufig die Finanzen, sie gestalten auch auf der politischen Bühne jenseits der traditionellen Familienthemen immer mehr die Finanz- und Wirtschaftspolitik. Frauen haben Vermögen und sie legen es an. Schon seit einigen Jahren werben Banken gezielt um Kundinnen. Immer zahlreichere Studien befassen sich mit der Vermögensverteilung zwischen den Geschlechtern weltweit, mit den Unterschieden im Anlageverhalten von Frauen und Männern und den damit verbundenen Vorurteilen.

Frauen in der realen Finanzwelt. Auch dieser Aspekt kommt nicht zu kurz.

Es gab zwar schon früher immer wieder Frauen, die selbst die Verantwortung für ihre finanzielle Situation übernahmen und deren Spuren auf historischen Wertpapieren zu finden sind. Doch das Selbstverständnis, mit dem sie heute als Akteurinnen in der Finanzwelt auftreten und sich mit Geldanlagen beschäftigen, ist neu. Zu Zeiten, als die Gestaltung der Wertpapiere noch dazu diente, mehr oder weniger subtile Werbebotschaften zu vermitteln, spielten antike Göttinnen, Schutzheilige, allegorische Figuren und andere, meist üppige weibliche Gestalten auf den Aktien Welttheater. Heute heißt es in der Finanzindustrie: „Vorhang auf“ für die Frau.

Göttinnen, Schutzheilige und Allegorien
Weibliche Gestalten betreten die Bühne der Wertpapierwelt in Form antiker Gottheiten und Schutzheiliger schon in der Frühzeit der Aktiengesellschaften. Seit im 18. Jahrhundert das Aktienzertifikat als Werbeträger erkannt wurde, setzten die Gestalter auf das Bild der Frau als Verkörperung von Fruchtbarkeit, Wachstum und Wohlstand.

Füllhorn, Früchte und Ähren begleiten die allegorischen Darstellungen der Ceres oder Demeter, die als Göttin der Fruchtbarkeit eben auch für die Fruchtbarkeit des Kapitals sorgen sollte. Fortuna auf dem Weltenball oder mit dem Glücksrad sollte dem Investor Glück und Reichtum bringen. Auch die wehrhafte Athene, die Göttin der Weisheit und Strategie, war auf den Abbildungen beliebt. In überwiegend katholisch geprägten Ländern gewährten statt der alten heidnischen Gottheiten auch gerne Mariendarstellungen ihren Schutz über das Kapital.
Personifikationen der fleißigen Industria – oft mit Hammer, Amboss und allerlei technischem Gerät abgebildet – oder auch der Justitia, die mit Waage, Schwert und Gesetzbuch die Rechtmäßigkeit des Unternehmens unterstrich, wurden im Laufe der Zeit in diesen Reigen aufgenommen. Sie besetzten prominent die Anteilscheine der neuen Industrieunternehmen. Mit dem Erstarken der Nationalstaaten mutierten die Göttinnen auch immer mehr zu nationalen Symbolen: Helvetia, Germania oder Britannia nahmen als Personifikationen der Nationen ihre Plätze ein.

So unterschiedlich die Darstellungen auch waren, all diese weiblichen Figuren hatten eine Gemeinsamkeit: Sie waren keine zarten und lieblichen Gestalten, sondern starke, Autorität ausstrahlende Frauen. Stolz und distanziert blicken sie von den Anteilscheinen auf den Investor und dieser vertraute auf ihre Gunst. Doch waren sie nur Symbole, die Wirklichkeit des Frauenlebens sah anders aus.

Anklänge an die Antike auf dieser Aktie aus dem Jahr 1869 verheißen Gewinn.

Zu den beliebtesten Abbildungen auf Wertpapieren zählte im 19. Jahrhundert Ceres, die Göttin des Wachstums und der reichen Ernte, die die Prosperität des Unternehmens gewährleisten sollte. Auf der Aktie der Immobiliengesellschaft Società Anonima Italiana per Acquisto e Vendita di Beni Immobili aus dem Jahr 1869 sind gleich zwei weibliche Figuren mit allen möglichen Attributen der Ceres ausgestattet: Ährenbündel und Sichel auf der einen Seite, Füllhorn und Dreschmaschine auf der anderen – wenn das keinen Erfolg garantierte!

Hier verweist die antike Göttin der Jagd auf die Vorzüge eines Fahrradherstellers.

In der Sprache der Symbole stehen Pfeile für Schnelligkeit und Leichtigkeit, der Bogen für die gespannte Kraft und den Lebensantrieb. Von dieser Symbolik machte der Gestalter der Aktie des portugiesischen Fahrradherstellers Companhia Ciclista de Portugal Gebrauch. Beide Attribute werden auch Diana, der römischen Göttin der Jagd, beigegeben, die als leichtbekleidete Schönheit auf dem Aktienzertifikat die Investoren zum Kauf verlocken sollte. Doch scheint sie nur eine Art Zugabe zu sein, denn eigentlich beherrscht das – auf das Fahrrad abgewandelte – geflügelte Rad der Geschwindigkeit die Szene.

Die Athener Bank versammelt antike Götter vor der Akropolis. Im Jahr 1919 sollten die Himmlischen die Wirtschaft voranbringen.

Die Banque d’Athènes beschwört auf ihrem Aktienzertifikat von 1919 die Schutzgöttin und Namensgeberin der Stadt Athen. Athene ist auch die griechische Göttin der Weisheit, des Handwerks und der Strategie. Wehrhaft mit Helm und Brustpanzer gewährt sie der Stadt Schutz, die durch die vor ihr sitzende Gestalt dargestellt wird. Hermes, den Gott der Kaufleute und eine weibliche Figur, die mit ihrer Augenbinde auf Justitia anspielt, grüßt sie freundlich, auf dass mit ihrer Unterstützung die Gesellschaft auch floriere.

Hausfrauen, Arbeiterinnen und Konsumentinnen
Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wandelt sich die Rolle der Frau auf Wertpapieren: Die Hausfrau, die Konsumentin aber auch die Arbeiterin treten erstmals auf. Aktiv handelnde Frauen der realen Welt ersetzen nun die Glaube und Hoffnung verkörpernden Idealfiguren.

In realistischen Darstellungen werden die damaligen Kompetenzen der fleißigen und vorbildlichen Hausfrau deutlich. Sie besorgt den Haushalt und verschönert das Heim, als Einkäuferin ist sie für den Konsum zuständig und trägt – zumindest in den unteren Schichten – zum Lebensunterhalt der Familie bei. Vor allem das Bild der Frau rund um Heim und Herd mit Kindern und Kochlöffel entspricht den gängigen Klischees. Die fürsorgliche Mutter wie auch die Bürgersfrau aus feineren Kreisen, die sich den Musen und schönen Künsten hingibt, spiegeln eine idealisierte Welt. Doch noch immer war das Kapital, das diese Welt finanzieren sollte, in den Händen zumeist männlicher Investoren.

Zu einer Zeit, als bezahlte Erwerbstätigkeit für die bürgerliche Frau noch eine Ausnahme bildete, treten jedoch schon die ersten Arbeiterinnen auf Wertpapieren auf. Als Bäuerinnen, Erntehelferinnen oder in der Textilherstellung verrichten sie auf den Anteilscheinen noch traditionell weibliche Tätigkeiten. Noch immer war ihre Darstellung glorifiziert und die Frau oft in klassische Gewänder gekleidet.
Dies änderte sich um die Jahrhundertwende, als die Fabrikarbeiterin – als neues Motiv – realistisch an Maschinen arbeitend abgebildet wurde. Der Aktionär, der in der Regel einer anderen sozialen Schicht entstammte, konnte sich also auch gönnerhaft als „Arbeitgeber“ verstehen, der diesen Frauen ein Einkommen ermöglichte. Letztlich ging es aber darum, dass er auch von ihrem Fleiß profitierte. Die Arbeitsbedingungen oder gar Lohngerechtigkeit waren noch lange kein Thema. Mit dem Erstarken der Arbeitnehmervertretungen und der Teilhabe größerer Bevölkerungsschichten am Aktienkapital verschwanden diese Abbildungen wieder von den Wertpapieren.

Als in der Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten großen Warenhäuser entstanden, galt Konsum noch als lasterhaft. Die Warenwelt mit all ihren Verlockungen war eine Bedrohung der traditionellen, sparsamen Hausfrau. Als rund ein halbes Jahrhundert später die meisten dieser Konsumtempel in Aktiengesellschaften umgewandelt wurden, wollte auch der Aktionär an der Verführung der Frauen mitverdienen. Die Kassen der Warenhäuser sollten klingeln und Konsumgüter jeder Art gekauft werden, um das Vermögen des Investors zu mehren.
Entsprechend kompetent, genussvoll und voller Lebensfreude werden Konsumentinnen auf den Wertpapieren abgebildet. Jedoch war das Geld, über das die meisten Frauen verfügten, nur auf Haushaltsgeld und Geschenke der Männer beschränkt. So sollten diese Abbildungen die Aktionäre wohl dazu verführen, ihren Frauen und Töchtern ein solches Leben zu bieten.

Die Hausfrau auf einem Anteilschein der ungarischen Allgemeinen Konsumgenossenschaft.

Der Anteilschein der ungarischen Allgemeinen Konsumgenossenschaft „Haushalt“ lässt keinen Zweifel daran, wer zu Anfang des 20. Jahrhunderts die Verantwortung für Heim und Herd sowie für den Einkauf des täglichen Bedarfs trug. Ganz im Stile der naiven Malerei steht eine stolze Hausfrau mit Schürze, Schüssel und Kochlöffel auf der Treppe zu ihrem Garten. Die ersten landwirtschaftlichen Genossenschaften entstanden in Ungarn in den 1890er Jahren. Die Konsumgenossenschaften der Industriearbeiter und Stadtbewohner schlossen sich im Laufe der Zeit mit ihnen zu einem Genossenschaftsbund zusammen.

Auch in der Slowakei des Jahres 1919 setzt man auf die traditionellen Werte.

Die Gründungsaktie der Slowakischen Großeinkaufs-Aktiengesellschaft in Trnava von 1919 setzt auf traditionelle Werte. Die bodenständige Bäuerin erscheint in der Landestracht und ihre Körbe sind mit lokalen Landwirtschaftsprodukten wohl gefüllt. Im Hintergrund ist die Stadtsilhouette von Bratislava zu sehen. Mit dieser heimatverbundenen Gestaltung machte das Unternehmen Werbung, das den Großeinkauf für die Kleinkaufleute der westlichen Slowakei ermöglichen sollte.

Exotik und Erotik
In der Belle Époque lockten die schöne Wilde und die verführerische Orientalin den Investor mit ihrem lasziven Auftritt auf Wertpapieren. Gleichzeitig hüllten im realen Leben gesellschaftliche Konventionen seine Ehefrau noch in schwere, kostbare Stoffe am Laufmeter. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts werben barbusige Schönheiten für jede Art von Unternehmen. Eine entblößte Brust, ein nacktes Bein sollten den Besitzer eines solchen Aktienzertifikats bezaubern und verführen.

Bereits im 19. Jahrhundert beauftragten immer mehr Unternehmen bekannte Künstler mit der Gestaltung ihrer Wertpapiere. So bewiesen sie nicht nur kulturelle Kompetenz, sie wollten auch sicherstellen, dass das Papier dem jeweiligen Zeitgeschmack entsprach. Die Kolonialgesellschaften in der Zeit des Imperialismus schmückten ihre Anteilscheine beispielsweise gerne mit halbnackten Frauen, die mühelos große Körbe oder Wasserkrüge trugen: billige Arbeitskräfte, die eine effektive Wertschöpfung garantieren sollten.
Fremdländisch und leicht bekleidet standen sie zudem im Kontrast zur alltäglichen Erlebniswelt des Investors. Die nebenbei abgebildeten landwirtschaftlichen Erzeugnisse oder Produkte des Unternehmens spiegelten vor, dass es eigentlich um Arbeit und Produktivität ging. Doch vermag dies nur oberflächlich darüber hinwegzutäuschen, dass das Zertifikat den Aktionären hauptsächlich gefallen sollte.

Mit dem Ende der viktorianischen Prüderie und dem Aufkommen des Jugendstils in der Kunst wird die Darstellung der Frau auf Wertpapieren immer erotischer. Banken, Druckereien, Elektrizitätswerke oder Baugesellschaften, sie alle stellten die weibliche Schönheit in den Vordergrund und verzichteten weitgehend auf einen Bezug zum Unternehmenszweck. Die Frau auf dem Papier war nicht mehr nur Schmuck und Dekoration, um den männlichen Investor zu erfreuen, sie wurde zum eigentlichen Objekt der Begierde.
Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein gilt die Devise „Sex sells“ für das Aktienzertifikat als Marketinginstrument. Oder sollte vielleicht sogar suggeriert werden, dass Aktienbesitz – also Geld – den Aktionär ebenso begehrenswert und sexy macht? Die Zielgruppe der Unternehmen, die solche Zertifikate herausgaben, waren jedenfalls noch immer hauptsächlich Männer.

Die erotischen Reize der Westafrikanerinnen sollen die Anteilseigner von der Fruchtbarkeit des Landes überzeugen.

Als erhabene, barbusige Wilde zeigt die Aktie der Compagnie Agricole Commerciale & Industrielle de Badikaha im Jahr 1927 drei westafrikanische Frauen. Ihre erotischen Reize weisen den Investoren nicht nur auf ihre Fruchtbarkeit hin, sondern auch auf diejenige des dortigen Agrarlandes. Stolz tragen die Frauen denn auch die geernteten Früchte auf dem Kopf nach Hause.

Auch die Hersteller von Glasperlen bedienen sich gerne exotischer Verlockungen.

Mit Erotik und Klischees lockt die Société Anonyme Belges des Verreries Coloniales bereits 1898. Die Gesellschaft war auf die Herstellung von Glasperlen spezialisiert, die in der Vergangenheit von Europäern in den Kolonien auch gerne als Zahlungsmittel benutzt wurden. Die fremdländische Schönheit auf der Aktie aus dem Jahr 1898 ist reich damit geschmückt. Im prüden viktorianischen Europa erregten die freizügig zur Schau gestellten Brüste und Beine wahrscheinlich die – männliche – Phantasie mehr als das Produkt des Unternehmens.

Für eine ägyptische Baugesellschaft räkelt sich die Schöne sogar vor einer Industrielandschaft.

So viel Sex-Appeal erwartet man kaum auf der Aktie einer ägyptischen Baugesellschaft aus dem Jahr 1908. Auf dem Papier der Industrial Building Company of Egypt räkelt sich eine begehrenswerte nackte Frau lasziv auf einer Grundrisszeichnung. Die Schriftzüge Labor (Arbeit) und Industria sowie die im Hintergrund aufragenden Kaminschlote sollen darauf hinweisen, dass es jedoch eigentlich um Arbeit geht.

Unternehmerinnen, Investorinnen und Erbinnen
Spätestens im 19. Jahrhundert treten Frauen buchstäblich aus dem Papier heraus – und in die reale Wirtschaft ein: als Investorinnen und Gründerinnen. Papiere der frühen Aktionärinnen beweisen, dass sich Frauen praktisch zu allen Zeiten für Geldanlagen interessierten. Selbständige Geschäftsfrauen und Unternehmerinnen spielten aber auch in der Vergangenheit eher eine Nebenrolle. Dennoch lässt sich ihr Wirken anhand von Wertpapieren belegen.

In den liberalen Niederlanden und auch in den Vereinigten Staaten von Amerika gab es bereits vor über 200 Jahren Wertpapiere, die beweisen, dass bürgerliche Frauen ihre Finanzen selbst meisterten. Meist deckten sie ihren Kapitalbedarf, indem sie ihre – oft geerbten – Ländereien beliehen. Erbinnen bot sich bisweilen auch die Chance, eine wirtschaftliche Karriere verfolgen. Zu Lebzeiten ihres Ehepartners waren sie oft tatkräftig und finanziell am Aufbau eines Unternehmens beteiligt und übernahmen nach dessen Ableben die Verantwortung dafür. Nicht selten waren sie es, die wie die Witwe Clicquot-Ponsardin den Betrieb später zu großem wirtschaftlichen Erfolg führten.

Auch Aktienbesitz wurde schon immer vererbt. Eintragungen oder Überträge auf Aktienzertifikaten beleuchten den Weg des Kapitals: von Vätern zu Töchtern, von Ehemann zu Ehefrau. Dennoch investierten auch Frauen des 19. Jahrhunderts ihr Vermögen aus eigenem Antrieb in Aktiengesellschaften. Oft waren es Witwen, die von Rechts wegen über ihr Eigentum verfügen durften und über die heute kaum noch etwas Näheres in Erfahrung zu bringen ist. Philanthropische Unternehmen und Projekte, die spezifische Anliegen der Frauen berücksichtigten, fanden schon früh die finanzielle Unterstützung von Investorinnen. Kommerzielle Gesellschaften bemühten sich jedoch erst im ausgehenden 20. Jahrhundert gezielt um Frauen als Aktionärinnen.

Wollte eine Frau die Rolle der selbständigen Unternehmerin übernehmen, war der Weg allerdings sehr steinig. Jenseits von Haushalt und Kindererziehung gab es kaum eine Ausbildung, die für sie als schicklich angesehen wurde. Erst ab den 1870er-Jahren wurden sie nach und nach an europäischen Universitäten zugelassen.
In England bewirkte die Frauenbewegung um die gleiche Zeit eine Gesetzesänderung, gemäß der das Eigentum verheirateter Frauen nicht mehr an den Ehemann überging und sie auch eigenständig Verträge abschließen konnten. Kredite gab es aber nur mit der Zustimmung des Ehemannes oder eines Vormunds – in Deutschland brauchte eine Frau noch bis Ende der 1960er-Jahre die Erlaubnis des Ehemannes, wenn sie ein Bankkonto eröffnen wollte.
Dennoch zeigen die Beispiele von Madame Tussaud bis zur modernen Managerin, dass es ambitionierte Frauen immer wieder schafften und schaffen, mit Eigeninitiative, Entscheidungsfreude und Disziplin, eigene Unternehmen aufzubauen und in die obersten Führungsetagen großer Weltkonzerne vorzudringen.

Applaus!

Hier steht die Frau hinter der Aktie: 1805 übernahm Barbe-Nicole Clicquot die Leitung eines großen Champagnerhauses.

„Wie lieb und luftig perlt die Blase / Der Witwe Klicko in dem Glase“ dichtete Wilhelm Busch 1872 in seiner Geschichte über die fromme Helene. Der internationale Erfolg des Champagnerhauses Veuve Clicquot-Ponsardin begann im Jahr 1805, als die damals 27-jährige Barbe-Nicole Clicquot geborene Ponsardin beschloss, das Unternehmen ihres verstorbenen Mannes allein weiterzuführen. Als erste Frau überhaupt leitete sie ein Champagnerhaus. Mit innovativen Ideen und geschäftlichem Geschick gelang es ihr, ihren Schaumwein in der ganzen Welt bekannt zu machen. Über 50 Jahre führte sie das Unternehmen und in ihrem Andenken zeichnet der Prix Veuve Clicquot heute in vielen Ländern eine Unternehmerin des Jahres aus.

Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett wurde 1926 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.

Madame Tussauds – die weltbekannte Touristenattraktion trägt noch immer den Namen ihrer Gründerin. Im Berner Haushalt des Dr. Curtius aufgewachsen, folgte Marie Grosholtz dem Wachsbildner nach Paris, der sie ausbildete und ihr später seine Wachsfigurensammlung hinterließ. Nach den Wirren der Französischen Revolution ließ die inzwischen als Marie Tussaud bekannte Künstlerin ihren Ehemann und einen Sohn in Paris zurück, um in England mit einer Wanderausstellung Geld zu verdienen. Von 1802 bis 1835 tingelte sie durch Großbritannien bis sie in London ihre erste permanente Ausstellung eröffnete. Im Jahr 1926 wandelten ihre Nachfahren das Wachsfigurenkabinett in eine Aktiengesellschaft um.

Als Beate Uhse mit ihrem Sex-Shop 1999 an die Börse geht, ist die Dame bereits 80 Jahre alt. Auf der Aktie ist sie nur mit ihrer Unterschrift vertreten.

Ihr erstes „Fachgeschäft für Ehehygiene und Fachbuchhandlung“ eröffnete die engagierte Geschäftsfrau Beate Uhse in Flensburg im Jahr 1962 – der erste „Sex-Shop der Welt“, wie die Presse titelte. Vorangegangen waren Jahre des Aufbaus eines Versandhandels und der Verbreitung aufklärerischer Schriften, um Frauen in der Not nach dem Zweiten Weltkrieg in die Geheimnisse der Verhütung einzuweihen. 1999 brachte die inzwischen 80-Jährige den marktführenden Erotikkonzern an die Börse und zog sich aus dem Unternehmen zurück. Die Aktie unterzeichnete sie als Vorsitzende des Aufsichtsrats mit ihrem zweiten Ehenamen: Beate Rotermund.

Die Texte sind von Dagmar Schöning und Thomas Fenner und entstammen ebenso wie alle Bilder dem Katalog zur Ausstellung. Wir danken der Wertpapierwelt für die freundliche Genehmigung, das Material in der MünzenWoche zu veröffentlichen.

Mehr Informationen zur Ausstellung finden Sie auf der Seite der Wertpapierwelt.