Elite und Münzprägung in Kleinasien

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von Ursula Kampmann

4. Juni 2015 – Cui bono? – Wem nützt es? – So lautet eine alte Frage, die in jedem Krimi neu verhandelt wird. In der Geschichtsschreibung und damit auch in der Numismatik stellt man sie noch nicht so lange, dabei bestimmt der Urheber eines Werks, eines Münzbilds dessen Aussage entscheidend. Robert Bennett beschäftigt sich in seinem Buch, das im Rahmen der Special Publications der Royal Numismatic Society publiziert wurde, mit der Elite Kleinasiens und mit ihrem Einfluss auf die städtische Münzprägung.

Robert Bennett, Local Elites and Local Coinage. Elite Self-Representation on the Provincial Coinage of Asia, 31 BC to AD 275. Royal Numismatic Society Special Publication 51. Royal Numismatic Society, London, 2014. 201 S. und 31 Tafeln in Schwarz-Weiß. 22 x 30,5 cm. Hardcover. ISBN: 0-901405-79-5. 50 GBP + Versand.

Auf einigen Münzen Kleinasiens werden „Münzbeamte“ genannt, also Angehörige der Oberschicht, die in irgendeiner Form mit der Ausgabe dieser Emission verbunden sind. Ihre Rolle und ihren Einfluss auf die Motivwahl der Prägung genau zu definieren, ist das Ziel der Arbeit. Bennett untersucht zu diesem Zweck erst einmal die Frage, was denn die städtische Elite in Kleinasien überhaupt ist. Welche Bedeutung spielte die Boulé, der Stadtrat? In wie weit waren römische Bürger mit einbezogen? Welche Ehrenämter bekleideten sie? Das Bild, das Bennett hier zeichnet, ist das einer internationalen Elite, die zwar in ihrer Heimatstadt wirkte, aber darüber hinaus Ehrenämter in der Provinz, ja in der römischen Verwaltung bekleidete.

Das nächste Kapitel beschäftigt sich mit der Rolle der „Eponymen“ auf Münzen, also der Männer, die in verschiedenen formelhaften Wendungen in der Münzumschrift genannt werden. Es gab sie ja bereits in griechischer Zeit. Setzte hier ein Bedeutungswandel von der reinen Münzdatierung zu einer Münzfinanzierung ein? Wie stand es um das Verhältnis zwischen privat und öffentlich finanzierter Prägung?

Von den Münzinschriften geht es nun zu den Bildern. Anhand der Prägung von Thyateira und Laodikeia am Lykos fragt der Autor nach den praktischen Gründen für die Bildwahl. Er hebt heraus, dass die von Konrad Kraft bereits Anfang der 70er Jahre nachgewiesenen Wanderwerkstätten einen erheblichen Einfluss auf die Motive hatten, vor allem bei den kleineren Nominalen. Für die großen, prachtvollen Medaillons dagegen, lässt sich feststellen, dass ihre Bilder dem städtischen Repertoire zuzuweisen sind. Ob die Sponsoren sie eigenständig auswählten? Einen inschriftlichen Nachweis dieser Praxis und damit einen endgültigen Beweis besitzen wir nicht, aber es könnte durchaus so gewesen sein.

Immerhin gibt es eine ganze Anzahl von Münzbildern, in denen sich spezielle Vorlieben und Karriereschritte der Eponymen spiegeln. Die großen Emissionen, die mit Münzbeamten verbunden sind, zu untersuchen, ist das Thema des letzten Kapitels vor der Zusammenfassung.

In einem Appendix wird dazu ein Katalog aller Münzeponymen gegeben, die in Inschriften und literarischen Quellen erwähnt worden sind.

Für diejenigen, die Münzen bestimmen müssen, sind die beiden folgenden Appendices besonders nützlich. Sie listen alle derzeit durch RPC-Projekte bekannten Münztypen von Thyateira und Laodikeia auf. Da ein großer Teil dieses Materials derzeit nur online verfügbar ist, kann man Bennetts Buch durchaus als ein neues Zitierwerk für die kaiserzeitliche Münzprägung der beiden Städte verwenden.

Ein mit 31 Tafeln relativ umfangreicher Tafelteil illustriert die Thesen des Autors und stellt reiches Material vor allem für Thyateira und Laodikeia zusammen.

Alles in allem ist dies ein weiteres erfreuliches Resultat des RPC-Projekts, in dem die Münzen der römischen Kaiserzeit zusammengefasst werden. Erst die Verfügbarkeit einer breiten Materialbasis macht die Beantwortung einer so grundsätzlichen Fragestellungen möglich. Robert Bennetts Buch ist ein willkommener Beitrag in der Diskussion, welche Rolle die kaiserzeitliche Münzprägung in kleinasiatischen Städten spielte. Er gibt uns einen hervorragenden Einblick in die Eitelkeiten und Vorlieben einer immer internationaler werdenden Elite, die ihrer Stadt und damit sich selbst in ihrer Münzprägung ein Denkmal setzte.