Der Fund von Preuschdorf

[bsa_pro_ad_space id=4]

von Ursula Kampmann

7. September 2017 – Am 15. Januar 2005 bat ein Vater seinen Sohn, ein Loch in den Boden zu graben, um dort einen Obstbaum zu pflanzen. Der Sohn tat das und stieß dabei auf ein kleines Gefäß, in dem 7.327 Münzen verborgen waren. Es handelte sich um Pfennige, zumeist aus Billon, also schlechtem Silber. Das ist spannend, denn zumeist bestehen Schatzfunde aus wertbeständigen Münzen. Doch entweder hatte der Besitzer dieser Münzen nicht den Willen oder nicht die Möglichkeit, seine Pfennige vor dem Vergraben in Taler und Dukaten zu wechseln. Das ist leicht möglich, denn der Schatzfund kam während des 30jährigen Krieges unter die Erde, in einer Zeit also, in der das Elsass immer wieder Kriegsschauplatz war.

Le dépot monétaire de Preuschdorf – Autopsie d’un trésor. in: l’Outre-Foret. Revue du Cercle d’Histoire et d’Archéologie de l’Alsace du Nord. Numéro Hors-Serie (Juin 2017). 118 S. mit zahlreichen farbigen Abbildungen. 21 x 29,5 cm. Broschiert. Klebebindung. 18 Euro.

2006 wurde der Hortfund vom Conseil général du Bas-Rhin angekauft, um ihn wissenschaftlich optimal auswerten zu können. Das Resultat ist ein Sonderheft von l’Outre-Foret mit 120 Seiten, in dem verschiedene Autoren den Fund von Preuschdorf aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten.

Zunächst kommen die Archäologen zu Wort. Maxime Werlé spricht über die Auffindung und den Erwerb des Hortfundes sowie über die geographisch-archäologische Einordnung des Fundorts. Mit anderen Worten: Wie sah der Platz zum Zeitpunkt der Verbergung aus?
Yves Henigfeld beschäftigt sich mit dem Keramikgefäß, in dem tatsächlich noch einige Textilreste gefunden wurden, aus denen man auf die Art der Verbergung schließen kann. Hier kommen Fabienne Médard und Christophe Moulhérat zu Wort.

Und damit kommen wir zu den Münzen, die zunächst im Labor von Lucile Beck und Élise Alloin analysiert wurden, ehe Ulrich Klein sie einer numismatischen Untersuchung unterzieht. Während alle anderen Texte in französischer Sprache erscheinen, ist Kleins Text dankenswerter Weise in deutscher und in französischer Sprache wiedergegeben.
Er beschäftigt sich mit der zeitlichen und der geographischen Verteilung der im Hort geborgenen Pfennige. Das zeitliche Spektrum der 617 exakt datierten Prägungen liegt zwischen 1516 und 1601. Geographisch stammen die im Fund vertretenen Pfennige aus einem Raum, der begrenzt wird im Süden von St. Gallen, im Osten von Salzburg, Passau und Freiberg, im Norden von Osnabrück. Am häufigsten sind, wie nicht anders zu erwarten, die Prägungen aus der näheren Umgebung. Hier zeichnet sich ein Ballungsgebiet ab, das sich zwischen Straßburg und Köln bzw. Veldenz und Wertheim erstreckt. 

Das Material wird ausführlich durch verschiedene Tabellen erschlossen, die zunächst die Prägungen der verschiedenen Münzherrschaften auflisten. Besonders aussagekräftig ist eine Liste, in der die Münzstätten nach ihrem Anteil am Material sortiert sind. Ihr entnehmen wir, dass die meisten Münzen aus der Stadt Straßburg und den verschiedenen Pfälzer Herrschaften kamen. Aber auch zur Stadt St. Gallen und zum Bistum Chur müssen enge Verbindungen bestanden haben, da aus St. Gallen immerhin 211 Pfennige, aus dem Bistum Chur 212 Pfennige kommen.
Der ausschließlich in deutscher Sprache verfasste Katalog der im Fund vorkommenden Stücke umfasst 197 Typen mit zahlreichen Varianten. Er gibt anhand für dieses Material ausgezeichneter Fotos einen sehr guten Überblick und ist ein ideal scheinender Kompromiss, den gewaltigen Hortfund zu publizieren, ohne jede einzelne Münze abzubilden. Eine neue und interessante Idee ist es, Münzen, deren Darstellung mit einem Foto nicht adäquat wiedergegeben werden kann, ein Röntgenbild beizugeben, das die Münzabbildung wesentlich besser erfasst.

Eine Auswertung des Schatzfundes schließt das Buch ab. Ihr entnimmt man, dass der Schatzfund wohl um 1610 verborgen worden sein dürfte. Interessantes Detail: Um diese Zeit liefen tatsächlich noch Pfennige um, die um 1300(!) geprägt wurden. Ein Stück hat nämlich seinen Weg in den Hort gefunden. Ob es sich bei dem Schatzfund um ein Vermögen handelt, das ein Leben lang zusammengetragen wurde, um das Einkommen einiger Monate / Jahre oder gar um den Ertrag einer gerade eingesammelten Steuer, kann letztendlich nicht abschließend beantwortet werden. Sollte aber der Vergrabungszeitpunkt von 1610 tatsächlich korrekt sein, dann gäbe es reichlich historischen Anlass, sein Vermögen dem Boden anzuvertrauen. In diesem Jahr kam es im Elsaß zu zahlreichen kriegerischen Aktionen, die in der Schlacht um den Dachstein gipfelten.

Das Sonderheft der Zeitschrift l’Outre-Foret, die vom Cercle d’Histoire et d’Archéologie de l’Alsace du Nord herausgegeben wird, ist jeden Cent seiner 18 Euro wert. 

Wenn Sie an dem Sonderheft interessiert sind, schreiben Sie ein E-Mail.