Sonderausstellung „Die Arbeiterin in Zürich um 1900“

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7. April 2011 – Seit dem 1. April präsentiert das MoneyMuseum an der Hadlaubstrasse 106 in Zürich die Sonderausstellung «Die Arbeiterin in Zürich um 1900». Zu Ehren des 150. Geburtstages von Verena Conzett beleuchtet sie Arbeit, Lohn und Alltag von Fabrikarbeiterinnen sowie den Ausweg, den Genossenschaften und Politik aus dieser Hoffnungslosigkeit schufen. Die Ausstellung dauert bis Ende 2011. Dazu ist im Buchhandel ein Begleitband von Hans Peter Treichler erhältlich. Zudem bietet das MoneyMuseum nun regelmäßig öffentliche Führungen an.

Fabriksaal, Arbeiterinnen an Nähmaschinen mit Weißwäsche. Foto um 1900. © Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich.

Das wöchentliche Einkommen einer Zürcher Arbeiterfamilie betrug um 1900 rund 35 Franken. Für diesen Lohn mussten mindestens vier Personen in der Familie arbeiten – Mutter, Vater und die älteren Kinder in der Fabrik, die kleineren Kinder auf dem Stadtmist beim heutigen Escherwyssplatz, wo sie für wenige Rappen Altmetall und Knochen sammelten. Nach 11 Stunden in der Fabrik warteten auf die Mutter zusätzliche sechs Stunden Haus- und Heimarbeit. Zum Vergleich: Ein Sekundarlehrer verdiente in einer Woche mehr als das Doppelte; seine Familie arbeitete selbstverständlich nicht.

Die Arbeiterwohnung. Foto um 1900. © Gretlers Panoptikum zur Sozialgeschichte, Zürich.

Von der Fabrik in den alltäglichen Teufelskreis
Arbeit und Lohn sind aber nicht die einzigen Themen der Sonderausstellung «Die Arbeiterin in Zürich um 1900». Ebenso eindrücklich zeigt das MoneyMuseum den Arbeiterinnenalltag. Zum Kochen blieb wenig Zeit und Geld. Man ernährte sich hauptsächlich von Brot und Kartoffeln, oder die Mahlzeiten wurden gleich durch Alkohol ersetzt. Die Familien waren kinderreich und der Nachwuchs ungesund – die Kinder litten an Rachitis und Unterernährung. Die dicht bevölkerten Zürcher Slums im Niederdorf und in Außersihl wurden regelmäßig von Epidemien wie Cholera und Typhus heimgesucht. Prostituierte gehörten zum alltäglichen Stadtbild: manche Arbeiterinnen ergänzten ihren kargen Lohn durch Gelegenheitsprostitution – im Wissen um das Risiko, mit einer Geschlechtskrankheit angesteckt zu werden.

Abgabe verbilligter Kartoffeln in Außersihl im Winter 1916/7. © Baugeschichtliches Archiv, Zürich.

Den Kampf gegen die Hoffnungslosigkeit gewinnen
In der Ausstellung ist eine fulminante Rede des Arbeiterarztes Fritz Brupbacher – gesprochen von Hans Peter Treichler – zu hören. Darin beklagt Brupbacher den Kinderreichtum der Arbeiterinnen und propagiert Familienplanung und die Legalisierung der Abtreibung. Auch bürgerliche Vereinigungen bemühten sich um ein Ende der Missstände – so bahnte die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft die Entwicklung der nährstoffreichen Maggisuppen an. In Arbeiterkreisen wurden Konsumvereine gegründet, die sich ihr Arbeitskapital durch den Verkauf von Konsumgeld beschafften.

Porträt von Verena Conzett, um 1895. © Gretlers Panoptikum zur Sozialgeschichte, Zürich.

Und Verena Conzett?
Auch Verena Conzett taucht in der Ausstellung auf. Als jüngste Tochter einer Arbeiterfamilie mit einem am Star erblindeten Vater, war die 13-Jährige stolz, dank Fabrikarbeit etwas zum Familienbudget beitragen zu können. Später bewogen sie ihre Kämpfernatur und selbst erfahrene Ungerechtigkeit zu politischen Aktivitäten. Sie war die erste Präsidentin des 1890 gegründeten Schweizerischen Arbeiterinnenverbandes. Durch den frühen Tod ihres Mannes Conrad Conzett wurde die junge Frau dann allerdings zur Unternehmerin – mit eisernem Willen und ununterbrochenem Einsatz gelang es ihr, die Druckerei ihres verstorbenen Mannes zum Erfolg zu führen. Bei Verena Conzett laufen folglich die Fäden dieser Ausstellung zusammen. Es ist nicht zuletzt ihrer Autobiographie sowie dem heute erschienen Buch von Hans Peter Treichler zu verdanken, dass das Wissen um das Leiden und Schaffen der Arbeiterinnen in Zürich um 1900 nicht vergessen gehen.

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