Römer unterwegs

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von Ursula Kampmann

7. November 2013 – Man denkt, es sei eine typische Erscheinung der modernen Welt, dass Menschen ihren Geburtsort verlassen, um ihrer Arbeit nachzuziehen. Doch wenn man in die Vergangenheit zurückblickt, wird einem klar, wie mobil die Menschen bereits in römischer Zeit waren. Eine Britin in Worms, eine Fernbeziehung zwischen Xanten und Straßburg, ein Helvetier in Spanien: Archäologische Funde geben ein detailliertes Bild von menschlichen Schicksalen.

Dirk Schmitz, Maike Sieler (Hrsg.), Überall zu Hause und doch fremd. Römer unterwegs. Ausstellung im LVR-RömerMuseum im Archäologischen Park Xanten vom 7.6.2013 bis 3.11.2013. Michael Imhof Verlag, Petersberg, 2013. 252 S., farbige Abbildungen. 22,5 x 18,5 cm. Paperback. ISBN: 978-3-86568-920-7. 14,90 Euro.

So ist der Katalog, der zur Ausstellung „Überall zu Hause und doch fremd – Römer unterwegs“ erschienen ist, ein Buch, das einen bereichert, sogar wenn man die Ausstellung selbst verpasst hat. Es behandelt mit der Migration einen Aspekt der antiken Wirtschafts- und Sozialgeschichte, der sonst zu kurz kommt, durch die aktuelle politische Situation aber aktueller denn je ist.

Mehr als die Hälfte des Buchs nehmen allgemeine, einführende Beiträge ein. Die ersten widmen sich dem kulturellen Hintergrund: Wie sah die rechtliche Lage aus im römischen Reich. Durfte jeder überall arbeiten? Auf was für eine Infrastruktur konnte der Reisende zurückgreifen? Und warum reiste man überhaupt? Neugier, Geschäfte, Politik?
Nachdem der allgemeine Rahmen gesetzt ist, werden die verschiedenen Gruppen von Migranten vorgestellt. Dies beginnt mit den Soldaten, den Legionären und den Hilfstruppen. Doch auch Handwerker reisten. Vor allem Künstler mussten immer wieder andere Städte besuchen, um genügend Aufträge zu erhalten. Und für das Einrichten neuer Werkstätten kamen Fachkräfte aus weiter Entfernung herbei. Man könnte hier noch anfügen, dass auch die neu eröffneten Münzstätten des 3. Jahrhunderts n. Chr. einen Teil ihres Personals aus den älteren Münzstätten bezogen. Aber das würde hier zu weit führen.
Dass Fernhändler lange Reisen machten, leuchtet ein, interessant ist es, wenn es um ihre Vernetzung geht, wenn nachvollziehbar wird, wie sich die weltgewandten Männer das Reisen über ihre weitgespannten Kontakte erleichterten.
Natürlich reisten nicht alle freiwillig. Ein weiteres Kapitel ist den Sklaven gewidmet sowie den in römischer Zeit zwangsumgesiedelten Völkern. Hier werden auch Münzen und Medaillen zur Illustration herangezogen.
Dass Frauen ihren Männern meist auf Reisen folgten, auch wenn – wie die Autorin Romina Schiavone süffisant ausführt – nicht immer alles nach dem Willen letzterer lief, mag man für selbstverständlich halten. Nichtsdestotrotz ist die Mobilität von Frauen bemerkenswert.

Wunderschön ist dann der zweite Teil des Katalogs, in dem einzelne Objekte gedeutet werden. Haben Sie zum Beispiel gewusst, dass Schweizer Messer schon in römischer Zeit weit über ihren Herstellungsort hinaus Verbreitung fanden? Fundmünzen aus Xanten stammen aus dem ganzen östlichen Mittelmeerraum. Und in einem reichen Frauengrab bei Bonn kamen Münzen aus Caesarea Cappadokia und Anchialos zum Vorschein.
Wirklich menschlich berührend ist der Text einer Stele, die das Schicksal der Griechin Demo schildert: „Thessalonike war meine Heimat, der Name Demo. Und mich eroberte Asios, Sohn des Batalos, mit dem Zauber seiner Liebe, obwohl er Eunuch war; und ich erlangte das Schicksal, das ich mir erlost. Hier liege ich nun so fern meiner Heimat.“

Und das ist die große Stärke dieses Buchs: Es bringt einen ganz nahe heran an die Menschen. Nicht an die großen Politiker und Feldherrn, die Geschichte gestalteten, sondern an all die kleinen Namenlosen, deren einzige Aufgabe im Leben es war, zu überleben und Geschichte zu erleiden.

Sie können das Buch direkt beim Verlag im Internet bestellen. Mit 14,90 Euro ist das Buch für den geballten Inhalt eigentlich viel zu günstig.

Versäumen Sie auch nicht das moderne Antiquariat des Verlags. Sie finden dort zahlreiche Ausstellungskataloge und Bildbände zu sehr attraktiven Preisen.

So zum Beispiel den Katalog zur Berliner Pergamon-Ausstellung.

Wir berichteten darüber in der MünzenWoche.