Numismatik & Soziales Engagement – Dort wo tropische Insekten, deutsche Geschichte und Lavasteine einem um die Ohren fliegen

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von Guy Franquinet

22. Dezember 2011 – Auf den ersten Blick haben soziales Engagement und Numismatik kaum Berührungspunkte. Und doch ist es wie der Volksmund sagt: man kommt schnell vom einen zum anderen.

Ein Leben in Asche – Die Kinder von Rabaul kennen nichts anderes. Foto: Ulla Lohmann.

So rechnete ich nicht im Traum damit, dass die Reise, die mir Familie und Freunde zum 60. Geburtstag schenkten, mein Leben nachhaltig verändern würde. Eigentlich wollte ich auf einer Vulkaninsel lediglich – wie man im Fachjargon sagt – der Erde „ins Auge“ schauen. Doch dabei erlebte ich die sozialen Umstände vor Ort. Heute bin ich erster Vorsitzender und Gründungsmitglied der PPAF „ Pacific People Aid Fund e.V.“ , die Menschen in Vanuatu und Papua Neu Guinea dabei hilft, sich selbst zu helfen.

50 Vatu von Vanuatu.

Wie kam es denn dazu? Bereits im Vorfeld der ersten Reise zum Vulkan Yasur auf der Insel Tanna setzte ich mich mit dem Inselstaat Vanuatu auseinander und wurde als Numismatiker schnell auf die Münzen aufmerksam. Als ich mich dann 2009 nach Vanuatu kam, hatte ich natürlich einige Kurs- und Silbergedenkmünzen in der Tasche, dazu viele kleine Geschenke für die Urbewohner.
In Vanuatu erfuhr ich, daß die Gruppe, der ich mich vor Ort anschließen wollte, wegen eines technischen Defekts verspätet war. Ich solle allein nach Tanna fliegen, wo ich mit einem Toyota Geländewagen abgeholt wurde. Solche Straßen hatte ich noch nie erlebt. Einige Male blieb das Fahrzeug stecken, aber  der Autofahrer – Künstler – Kelson meisterte auch schwierigsten Passagen, wobei zu Fuß vorbeikommende Menschen bereitwillig halfen.
Angekommen im Jungle Ressort stand ich etwas überrascht vor der liebevoll angelegten Baumhaus nach Landesart, also aus Holz und ohne Glasfenster.

Hauptmann von Yakel mit Ulla Lohmann.

Spät am Abend kam die Gruppe unter Leitung der Berufsfotografin und Vulkankennerin Ulla Lohmann an. In den nächsten Tagen konnte ich miterleben, wie sich die Menschen freuten, Ulla zu sehen. Sie – eine der weltweit besten Fotografinnen mit Aufträgen für National Geographic, GEO, Discovery, BBC, NDR usw. – war schon oft auf Vanuatu und in Papua Neu Guinea, spricht die Sprachen der Ureinwohner (Bischlama) und wird dort fast verehrt.

Auf Tanna gibt es so gut wie keine Infrastruktur, es gibt kaum Arbeit, kaum Schulen, kein Straßennetz und keine Stromversorgung, es sei denn man verfügt über ein Dieselaggregat. Ein Festnetz für das Telefon ist nicht vorhanden, statt dessen nutzt man Mobiltelefone. Das einzige Krankenhaus für die ca. 60.000 Menschen ist, seit die Franzosen die Inselgruppe Vanuatu in der Selbständigkeit entließen, verkommen. Jetzt erst ändert sich etwas. Ein Problem ist die fehlende Beleuchtung. Da es in Äquatornähe früh dunkel wird, sitzen die Menschen jeden Abend lange am Feuer. Das führt dazu, dass viele Augenprobleme haben und sogar erblinden. Außerdem leiden viele – Kinder wie Erwachsene – unter chronischer Bronchitis vom permanenten Rauch in den Hütten.

Dieses Kind kann dank Unterstützung aus dem Westen zur Schule gehen. Foto: Ulla Lohmann.

Tanna ist ein Vulkaninsel. Die Menschen haben gelernt, mit dem Vulkan zu leben. Sie verehren ihn wie ein Gott. Der Yasur ist ein – meist – braver Vulkan, an dessen Kraterrand man laufen kann, um das Feuerspektakel – relativ – gefahrlos zu betrachten. Aber Yasur zeigt sich hin und wieder auch von seiner bösen Seite.
Die Menschen, die hier leben bzw. leben müssen, gehören wenn man manchen Berichten glaubt, zu den glücklichsten der Welt. Doch ist ihr Lebensstandard niedrig – wie ihre Ansprüche. Mir wurde während meines Aufenthalts schnell klar, mit wie wenig finanziellem Aufwand man diesen Menschen helfen kann. Denken wir nur an Solarlampen. Diese sind in der Regel von einem durchschnittlichen Einkommen – eine Hotelkraft verdient gerade mal 100 € im Monat – kaum bezahlbar, erleichtern aber den Alltag ungemein.
Die Einwohner auf Tanna leben meist noch in einer Tauschgesellschaft; die im Namen des Inselstaates Vanuatu herausgegebenen Geldmünzen kennen sie nicht. Und so brauchen sie die Errungenschaften der modernen Technik zu bezahlbaren Preisen.

Auch dieses Kind erhält Unterstützung durch den Pacific People Aid Fund e. V. Foto: Ulla Lohmann.

Nach seiner Rückkehr ließ mich der Gedanke an meine neuen Freunde auf Vanuatu nicht mehr los. Ich überlegte, wie ich mit wenig Hilfe viel für sie erreichen könnte. Und es blieb nicht beim Nachdenken. Der Pacific People Aid Fund e.V. entstand.
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, Artikel, die das Leben erleichtern können, zu bezahlbaren Preisen zur Verfügung zu stellen. So eine personenbezogene Stromversorgung in Form von Solarlampen und kleinen PV Anlagen, die die Stromversorgung sicherstellen, um z.B. die Tsunamiwarnungen per Mobiltelefon empfangen zu können. Der erste Vorsitzende bin ich selbst, meine Tochter Roxane Riecker ist zweite Vorsitzende und Ulla Lohmann Botschafterin, weil sie aufgrund Ihrer Berufsfotografen-Tätigkeit jedes Jahr öfters vor Ort ist. Mittlerweile hat der PPAF rund 40 Mitglieder, und wir sind stolz darauf, dass nahezu 100 % der Spenden vor Ort ankommen.

Die Menschen bleiben aus Liebe zu ihrer Heimat vor Ort. Foto: Ulla Lohmann.

Natürlich gibt es viele Gegenden in Ozeanien, wo Menschen Hilfe brauchen. Doch ein kleiner Verein kann nur in begrenztem Umfang tätig werden. So ist unsere Hilfe auch in Papua Neuguinea, ca. 3 Stunden von Neuseeland und einige tausend Kilometer von Vanuatu willkommen.

Deutsch Neuguinea. 10 Pfennig 1894, A. Cu. J. 703. Ritter, Sonderliste „Das Geld der Deutschen Kolonien“, Nr. 45537.

Papua Neu-Guinea war mich hochinteressant, da hier eine ehemals deutsche Kolonie, das Kaiser Wilhelmsland lag. Für dieses Land entstanden vor gut Hundert Jahren die prachtvollen Münzen mit den Paradiesvögeln, die heute in deutschen Auktionen Höchstpreise erzielen.

Wie anders sieht die Realität von heute aus. In der Nähe von Rabaul liegt der Vulkan Tavurvur, und dieser hat seit Mitte der 90er Jahre die ganze Gegend mit Asche bedeckt. Er hat das Leben der Menschen nachhaltig verändert. Hier war einst ein kleines Paradies, ein Garten Eden, zu dem eine der schönsten Buchten des Südpazifiks gehörte. Heute rosten die Wellblechdächer der Häuser durch die Säure unter der Asche einfach weg. Das Trinkwasser ist ungenießbar geworden, die Gärten und damit die Nahrungsgrundlage der Menschen ist zerstört. Auch wenn man versuchte, die Einwohner umzusiedeln. Sie kamen zurück. Hier, unter der Asche, lag alles, was sie besaßen. Also reinigen sie ihre Häuser oder das, was davon übrig ist, jeden Tag aufs Neue, Jahr ein, Jahr aus.

Kanus sind für das Leben auf Matupit unabdingbar. Sie haben sogar Namen. Foto: Ulla Lohmann.

Den Hotels in der Nähe des alten Flughafens blieben die Gäste aus. Hier verbrachte ich dieses Jahr mehrere Tage, und es war kein Vergnügen. Die Menschen langweilen sich, werden oft lethargisch und greifen vermehrt zu Betelnüssen – eine Art Droge, die sie den ganzen Tag kauen und so ihre Zähne bzw. Gesundheit schädigen. Andere fahren jeden Tag von Matupit übers Meer zum Vulkan Tavurvur und graben Eier des Thermometerhuhnes aus. Diese Hühner legen ihre Eier am Rande des Vulkans in tiefe Löcher, wo sie durch die Wärme des Vulkans ausgebrütet werden. Es ist ein Wunder der Natur: Wenn die Jungvögel sich durch die Asche nach oben gegraben haben, können sie sofort fliegen. Diese Arbeit ist nicht ungefährlich, denn in den Löchern befindet sich oft Vulkangas, das die Menschen erstickt.

Von links nach rechts: Roxane Riecker (2. Vorsitzende PPAF), Guy Franquinet (1. Vorsitzender PPAF), Ulla Lohmann (Botschafterin des PPAF) und Thomas Lützelverger (Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Schwäbisch Hall – Crailsheim.

Ende der 90er Jahre kam Ulla Lohmann erstmalig nach Matupit und Rabaul. Sie war  beeindruckt von der Überlebenskraft dieser zum Stamm der Tolai gehörenden Menschen. So produzierte die Fotografin eine Reihe von bewegenden, aber auch wunderschönen Bildern über die Not des Landes. Die Sparkasse Schwäbisch Hall – Crailsheim zeigt sie noch bis zum Ende des Januar 2012 in der Eingangshalle. Alle Bilder werden signiert zum Wohle der Pacific-People Aid Fund e.V. veräußert.

Der PPAF hilft beim Aufbau des vom Vulkanausbruch zerstörten Schulgebäudes. Es ist möglich für € 70,00 im Jahr eine Patenschaft Schüler der Schule von Matupit zu übernehmen. Selbstverständlich ist ein schriftlicher Kontakt mit dem Kind möglich. Ich würde mich freuen, wenn andere Sammler mich in meinem Bemühen, diesen Menschen zu helfen, unterstützen würden.

Denn Numismatik und soziales Engagement passen durchaus zusammen. Wichtig ist nur, daß man überall ein offenes Auge für die Not der Menschen hat.

Wenn Sie mehr über den Pacific People Aid Fund e. V. wissen wollen, klicken Sie hier.

Und hier ist das Spendenkonto:

Sparkasse Schwäbisch Hall – Crailsheim
BLZ 622 500 30
Kontonummer: 1810158