Neue 10 Euro-Münze 2011: Till Eulenspiegel

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1. Juli 2010 – 1510/1511 veröffentlichte ein geschäftstüchtiger Drucker unter dem Titel „Ein kurtzweilig Lesen von Dyl Ulenspiegel, geboren uß dem Land zu Brunßwick, wie er sein leben volbracht hat…“ die Streiche des bis heute bekannten Narren. Auch der Kritiker aller Scheinheiligkeit im Volksmund schon wesentlich länger sein Unwesen trieb, jährt sich 2011 die erste schriftliche Nachricht zu seinen Streichen zum 500sten Mal, ein Ereignis, das man einer Gedenkmünze für würdig befand.

Am 29. April 2010 entschied eine siebenköpfige Jury unter Vorsitz des Stuttgarter Künstlers Prof. Ulrich Böhme den Wettbewerb zur Gestaltung einer 10-Euro-Gedenkmünze für das Jahr 2011. Zu diesem einstufigen Wettbewerb wurden 15 Künstlerinnen und Künstler eingeladen. Prämiiert und zur Ausführung empfohlen wurde der Entwurf des Medailleurs Friedrich Brenner, Diedorf. Als Randschrift wurden die Worte ?SO BIN ICH DOCH HIE GEWESEN? gewählt.
Folgende Begründungen wurden für die Preisvergabe gegeben:

1. Preis 1043 Friedrich Brenner, Diedorf

Der Verfasser hat sich zur Ideenfindung für besonders prägende Charaktereigenschaften Eulenspiegels entschieden.?Diese liegen durchaus in der Gebrochenheit der Gestalt, in der Ambivalenz von Gedrücktheit und Bedrückung, in einer gehörigen Portion an Bosheit, List und aggressiver Verweigerung. Eulenspiegel repräsentiert durchaus auch die unsoziale Kehrseite der menschlichen Natur, er verrät, macht sichtbar, was sich gerne tarnt oder versteckt. Als Figuration des Eigensinns deckt er die ganze Bandbreite zwischen Bösewicht und Schelm ab. Hieraus leitet er einen aktuellen, frechen, unverschämten Schalk ab, der der Welt – also auch uns – den Hintern zeigt, indem er uns bei unserem Wort nimmt – wie vor mindestens 500 Jahren schon. Eine gebückte Gestalt asymmetrisch im Rund der Münze nach hinten grinsend. Die Schrift verläuft im Rücken Eulenspiegels am halben Randkreis entlang. Eine dynamische Komposition, die mit dem Münzkreis thematisch und formal eine Einheit bildet.?Die Wertseite ist im Zusammenhang mit der Bildseite komponiert:?Die Schrift verläuft auch halbseitig mit den Sternen am Rand; die Wertangabe waagerecht neben dem Adler, der passend zur Eulenspiegelfigur geschwungen ist und seine Flügel in klassischer Gestalt spreizt.?Insgesamt eine moderne Komposition, die sich dem Beschauer schnell und eindrücklich erschließt, gleichzeitig aber viele Fragen stellt, wie die literarische Figur Till Eulenspiegels seit 500 Jahren.

2. Preis 1042 B Erika Binz-Blanke, Baden-Baden

Bestimmendes Kennzeichen der Bildseite ist die Figur eines den landläufigen Vorstellungen entsprechenden, freundlich lachenden Till Eulenspiegel mit Narrenkappe. Er sitzt auf dem Ende einer dreistufigen Treppe mit lässig überkreuzten Beinen und hält einen runden Spiegel in der rechten Hand, in dem sich eine am Ende der obersten Treppenstufe und auf den letzten Buchstaben der Schrift „500 Jahre“ sitzende Eule widerspiegelt. Offensichtlich freut sich Eulenspiegel über einen gelungenen Streich. Grundlage der Treppe bildet eine zweigeteilte Basis aus gestuften Schriftzügen seines Namens, wovon eine die niederdeutsche Variante wiedergibt. Darunter befinden sich charakteristische bildliche Zitate aus verschiedenen Historien bzw. Schwänken. Der Entwurf besticht durch prägnanten Detailreichtum von handwerklich hoher Güte. Allerdings lässt es dieser Entwurf, der die bestehenden Stereotypen eher verstärkt als dass er die hintergründige Boshaftigkeit der Eulenspiegeleien thematisiert und eher in sich lieblich ruhend wirkt, an Dynamik und Spannung vermissen. Er wird damit der historischen Figur nicht in vollem Umfang gerecht. Dem gegenüber überzeugt die Wertseite mit einer gelungenen Adlerdarstellung, die mit der gestalterischen Aufteilung der Bildseite korrespondiert.

3. Preis 1039 Doris Waschk-Balz, Hamburg

Die Bildseite überzeugt durch ihre naturalistische und plastische Darstellung. Das Motiv des sitzenden Eulenspiegels steht in einem schön ausgewogenen Verhältnis zur Münzfläche. Der Entwurf ist technisch und bildhauerisch gut umgesetzt. Der modern und leicht verfremdet dargestellte, geteilte Spiegel wird dem Betrachter vorgehalten und versinnbildlicht damit eine charakteristische Wesensart der Figur. Nicht überzeugen konnte die gestalterische Qualität der Wertseite. Die schräg laufende Kante erzwingt eine Analogie zur Bildseite, ihr Sinn erschließt sich dem Betrachter aber nicht.

4. Preis 1044 Victor Huster, Baden-Baden

Die Münzgestaltung der Bildseite überzeugt durch die Vielzahl von aktuellen Bezügen zu unserer Gesellschaft, die sich in dem großformatigen Spiegel erzählerisch andeuten. Das Motiv Till Eulenspiegels wird nicht nur durch typische Gestaltungsmerkmale wie Narrenkappe, Eule und Gestik bestimmt, sondern auf scheinbar spielerische Weise regt ein Gesellschaftskritischer Blick zur Selbstreflektion an. Ein mutiger Entwurf, der auch aufgrund der Bildfülle erst auf den 2. Blick das Thema erschließt. Die Wertseite entspricht nur in Teilen der Bildseite. Die graphische Gestaltung ist weniger überzeugend.

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