Hans Vintler und die Blumen der Tugend: Krieg – Wucher – Aberglaube

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23. Juni 2011 – Noch bis zum 31. Oktober 2011 findet auf Schloss Runkelstein in Bozen eine Ausstellung zu Hans Vintlers Werk „Blumen der Tugend“ statt, in dem sich wirtschaftliche und soziale Erscheinungen der Zeit des Umbruchs vom Spätmittelalter zur frühen Neuzeit spiegeln.

Die Vintler von Bozen haben der Nachwelt zwei bedeutende Zeugnisse spätmittelalterlicher Kunst und Kultur hinterlassen: Auf Schloss Runkelstein entstand ab 1388 unter Niklaus Vintler der größte profane Freskenzyklus des Mittelalters und 1411 vollendete Hans Vintler seine Übersetzung und Ergänzung des italienischen Lehrgedichts „Pluemen der Tugent“.
Darüber hinaus förderten die Vintler Heinz Sendlinger, der eine Weltchronik für sie verfasste. Wahrscheinlich befanden sich auf Runkelstein auch ein umfangreicher Bestand an Büchern und ein Scriptorium.

Das Vintlerwappen in der Badestuben / Schloss Runkelstein. Foto: Schloss Runkelstein.

Hans Vintler
Der Dichter Hans Vintler (†1419) war ein Neffe des kunstsinnigen Kaufherrn und landesfürstlichen Finanzbeamten Niklaus Vintler von Runkelstein. Er folgte nicht nur seinem Onkel als Amtmann im Dienste des Habsburgers Friedrich IV. mit der leeren Tasche, sondern diente dem Herzog auch als Botschafter im oberitalienischen Raum, etwa in Venedig.
Dadurch mit der italienischen Sprache und Kultur vertraut, übersetzte er das Lehrgedicht „Fiore di virtù“ des Dominikaners Tommaso Gozzadini aus der Zeit um 1320 im Jahre 1411 ins Deutsche und erweiterte es durch eigene Zusätze („Sondergut“) auf über 10.000 Verse. Hans Vintlers Werk übertraf damit die Dichtung seines Zeitgenossen Oswald von Wolkenstein an Umfang.
In seiner Übersetzung behandelt Vintler die Tugenden und Laster und setzt sich mit seiner Zeit auseinander. Die Zeit um 1400 war ein Moment des Umbruchs vom Spätmittelalter zur Neuzeit.

Dienst am Pfennig. Foto: Schloss Runkelstein.

Krieg
Der Gegensatz zwischen den herrschenden Dynastien der Habsburger, Wittelsbacher und Luxemburger, die Erhebungen der Schweizer, Kämpfe zwischen den oberitalienischen Städten, die Revolution in Trient und nicht zuletzt Fehden unter den Adeligen im Lande machten die Zeit Hans Vintlers zu einer überaus unruhigen Epoche. So nehmen Streit und die Ursachen von Zwist, wie Zorn, Neid und Habsucht, breiten Raum in seiner Dichtung ein und kommen bildlich nicht zuletzt durch die ausdrucksstarken Illustrationen der erhaltenen Handschriften zum Ausdruck.

Die Anbetung des Herrn Pfennig. Foto: Schloss Runkelstein.

Wucher
Vintler erlebte aber auch eine Zeit des wirtschaftlichen Aufbruchs. Das Bürgertum, dem die Vintler selbst ja angehörten, konzentrierte die finanziellen Kräfte in den wachsenden Städten. Handel und Landwirtschaft entwickelten sich zum Motor eines florierenden Wirtschaftslebens, das immer stärker von der Naturalwirtschaft abkam und das Geld in den Vordergrund rückte. Dementsprechend äußert sich auch Hans Vintler in einem Teil seines Werkes über den „Herrn Pfennig“ kritisch zu den negativen Erscheinungen dieser Entwicklung und wandte sich gegen die Käuflichkeit der Obrigkeit und die kapitalkräftigen Städter. Allgemein herrschte Zinsverbot, das aber immer wieder umgangen wurde und zu Wucher führte. Hans Vintler selbst kritisiert in seinem Werk das Zinsnehmen als unwürdig.

Aberglaube
Drei gleichzeitig regierende Päpste, Sittenverfall und die Bemühungen um kirchliche Reformen prägten Glaube und Religion zur Zeit Vintlers und begünstigten nicht nur religiöse Extrempositionen und Reliquienkult, sondern auch den Aberglauben. Diesem widmet Vintler in seinen „Pluemen der Tugent“ breiten Raum und versucht durch die Aussagen von kirchlichen und philosophischen Autoritäten solchen Vorstellungen entgegenzuwirken.
Hans Vintlers Dichtung bietet – ebenso wie die einzigartigen Wandmalereien auf Schloss Runkelstein – einen überraschenden Einblick in die Welt des Spätmittelalters, zumal im Tiroler Raum und im Schnittpunkt zwischen deutscher Gotik und italienischer Renaissance.

Wenn Sie nähere Details zur Ausstellung suchen, finden Sie sie hier.

Es ist eine Publikation zur Ausstellung erschienen, Näheres dazu finden Sie hier.

Vom 28. bis zum 30. September 2011 findet ein Symposium zum Thema „Blumen der Tugend statt.