Die Wittelsbacher – Der Katalog zur Ausstellung

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von Ursula Kampmann

19. September 2013 – Gerade beginnt in Mannheim die große Ausstellung zur Geschichte der Wittelsbacher am Rhein. Sie wurde von langer Hand vorbereitet. Bereits im Januar 2012 fand in Mannheim eine Tagung statt, bei der Wissenschaftler ihre neuesten Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte dieses Herrschaftsgeschlechts vortrugen. Der neueste Stand der Forschung sollte die Basis werden, auf der die Ausstellungsmacher weiterarbeiteten.

Jörg Peltzer u.a. (Hrsg.), Die Wittelsbacher und die Kurpfalz im Mittelalter. Eine Erfolgsgeschichte? Schnell & Steiner, Regensburg, 2013. 408 S. Farb- und Schwarz-Weiß-Abbildungen. Hardcover, Fadenheftung, 18 x 24,4 cm. ISBN: 978-3-7954-2645-3. 29,95 Euro.

Wenigen ist bewusst, warum der Pfalzgraf bei Rhein solch eine wichtige Rolle in der spätmittelalterlichen Politik spielte. Wieder einmal war es die Wirtschaft, das Geld, das dem Pfalzgrafen die Mittel in die Hand gab, in der großen Reichspolitik mitzumischen. Wenn man also in diesem Aufsatzband sucht, müsste man eigentlich einige Artikel zum Thema Wirtschaftsgeschichte und Geldpolitik finden. Leider stellt man dann fest, dass es nur ein einziger Beitrag ist, dazu werden gelegentlich die wirtschaftlichen Gegebenheiten am Rande erwähnt.

Der dritte Aufsatz von Ingo Runde ist dem Rhein als Wirtschafts- und Verkehrsachse gewidmet. Die Bedeutung dieser Wasserstraße für den mittelalterlichen Handel kann man gar nicht überbetonen. Über den Rhein lief die Verbindung zwischen Nordsee und Italien. Städte wie Köln oder Mainz, von denen die Handelsstraßen geradezu sternförmig in alle Richtungen führten, gehörten zu den Metropolen des Mittelalters. Handel bedeutete nicht nur bürgerlichen Reichtum, auch der Landesherr konnte kräftig dabei absahnen. Der Pfalzgraf bei Rhein besaß Zollstationen, an denen alle vorbeikommenden Schiffe tüchtig bezahlen mussten, um Durchlass zu erhalten. Zollstationen existierten bei Neuburg, nördlich von Straßburg, bei Germersheim, bei Mannheim, bei Oppenheim, Mainz, Fürstenberg, Bacherarch, Kaub und Boppard, um nur die wichtigsten zu nennen. Wie entscheidend diese Zollstationen werden konnten, zeigt die Tatsache, dass Johannes XXII. Ludwig den Bayern 1325 exkommunizierte, weil er bei seiner Burg Kaub einen Zoll zum Schaden des Trierer Erzbischofs erhob. Der letzte Höhepunkt des Investiturstreits hatte also ziemlich materielle Ursachen.

Was für eine Rolle der Geldmangel bei der glücklosen Königsherrschaft des Wittelsbachers Ruprechts III. (1400-1410) spielte, thematisiert Oliver Auge in seinem Beitrag „Wie erfolgreich muss ein mittelalterlicher König sein.“ Er berichtet – ohne es detailliert auszuführen, dass unter Ruprecht die Steuererhebung in der Pfalz intensiviert wurde, und er sein Königtum nutzte, um seine Grafschaft durch die Vergabe von ans Reich zurückgefallenen Lehen systematisch zu arrondieren. Kurz erwähnt er eine geplante Reform der Zollpolitik und der Münzprägung, die aber am Widerstand der rheinischen Erzbischöfe scheiterte. Oliver Auge bestreitet, dass Ruprecht wirklich so arm war, wie häufig in mittelalterlichen Chroniken zu lesen. Eher sei es eine feindliche Überlieferung, die ihn als das Inbild des bankrotten Königs erscheinen lasse, ein Bild, das noch moderne Forscher übernommen hätten.

Auch in Reinhard Staubers Beitrag über den Landshuter Erbfolgekrieg ist ein bisschen Wirtschaftsgeschichte versteckt. Es geht darin um die finanzielle Bewertung von Gebietsrechten, wie sie im Ingolstädter Hauptvertrag genannt werden. Im Beitrag zu den Juden unter kurpfälzischer Herrschaft von Johannes Heil hätte man ebenfalls etwas darüber vermutet, welche Rolle sie für die wirtschaftliche Entwicklung der Region spielten, aber in dieser Hinsicht wird man enttäuscht.

Während die politische und die kulturelle Geschichte der Wittelsbacher in der Kurpfalz in vielen Details beleuchtet wird, bleibt also die Wirtschaftsgeschichte oder gar die Numismatik (wieder einmal) außen vor. Schade, denn immer öfter sehen wir, dass sich politische Vorgänge in der Geschichte und der Gegenwart nicht richtig erklären lassen, wenn man nicht die finanziellen Motive dafür kennt.

Wie auch immer, trotzdem ist dieses Buch ein unerschöpflicher Fundus für die Geschichte der Wittelsbacher, auf dem wissenschaftlich neuesten Stand, mit vielen interessanten Details, und deshalb für alle, die sich für dieses Gebiet interessieren, wichtige Lektüre.

Bestellen können Sie es hier beim Verlag Schnell und Steiner.

Übrigens gibt es noch viel mehr Literatur rund um die Ausstellung.
Da hat es den Tagungsband zur Neuzeit

… und den eigentlichen Ausstellungskatalog von 5,6 Kilo Gewicht mit 992 Seiten, noch bis zum 30. November 2013 für 49,95 Euro zum Subskriptionspreis.