Das neue Geldmuseum der Bundesbank – Ein Rundgang mit Frank Berger

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21. Dezember 2017 – Frankfurt ist die Stadt der Banken und der Wirtschaft. Aber Frankfurt ist auch eine Stadt der Numismatik. Das weiß wohl niemand besser als Frank Berger. In einem ausführlichen Artikel erzählt er uns, was Numismatiker und Münzsammler von der Mainmetropole wissen und welche Adressen sie kennen sollten. Sein besonderer Tipp ist das neue Geldmuseum der Deutschen Bundesbank.

Das Gebäude des Geldmuseums der Deutschen Bundesbank.

Die Historie

Das Geldmuseum der Deutschen Bundesbank wurde im Jahr 1999 eröffnet. Von Anfang an hatte diese Institution einen regen Zuspruch. Durchschnittlich 40.000 Besucher im Jahr fanden ihren Weg in das schöne Ausstellungsgebäude auf der Parzelle „Diebsgrund“ im Frankfurter Stadtteil Ginnheim. Der Eintritt zum Geldmuseum der Bundesbank war und ist frei. Ihrem Selbstverständnis nach erfüllt die Bundesbank damit einen Bildungsauftrag. „Vielen Menschen fehlen elementare Grundkenntnisse zum Verständnis des Geldwesens“, begründet Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele das Engagement der Notenbank.

Außeneingang des Geldmuseums der Deutschen Bundesbank.

Die Ausstellungsfläche betrug 600 Quadratmeter. Im September 2014 wurde diese Ausstellung geschlossen und abgebaut. Durch einen Anbau im Erdgeschoss konnte der Raum jetzt auf 1000 Quadratmeter Ausstellungsfläche erweitert werden. Die Kosten betrugen19 Millionen Euro. Was die Kollegen – im Bereich der Numismatik sind es Reinhold Walburg, Ulrich Rosseaux und Alexander Ruske –  inhaltlich geleistet haben, zumal in relativ kurzer Zeit, ist schlichtweg großartig. Das neue Geldmuseum der Bundesbank hat mit dem „alten“ Geldmuseum von 1999 nur wenig gemeinsam. Es hat kein Umbau stattgefunden, sondern ein Neubau, auch in baulicher Hinsicht, und eine komplette Neukonzeption. 

Der Eingang zur Ausstellung des Geldmuseums der Deutschen Bundesbank.

Der Auftakt

Rein architektonisch wirkt das Gebäude des Geldmuseums einladend und kommt dem Besucher entgegen. Es befindet sich neben der Deutschen Bundesbank, ist aber separat zu betreten. Grundsätzlich ist die Ausstellung als Rundgang konzipiert. Den Auftakt bildet ein „Musée sentimental“. In Guckfächern eingestellte Alltagsdinge beziehen sich von A bis Z aufs Geldwesen, wie diese Beispiele zeigen mögen: V = Verschwendung, W = Wall Street, X = Xetra, Y = Yacht, Z = Zeit ist Geld. Ein nächster Rundraum hat nur den Zweck, die Frage zu stellen: Was ist Geld? Die Antwort: Tauschmittel – Recheneinheit – Wertspeicher. Dem schließt sich die eigentliche Ausstellung an. Sie ist in vier Abteilungen untergliedert: Bargeld – Buchgeld – Geldpolitik – GeldGlobal. Der Rundgang führt kreisförmig um einen Kinoraum herum, auf den später eingegangen wird. Die Außenbahn ist konzipiert als eine Lehrschau der Bank- und Volkswirtschaft. Mit Medien und Tafeln wird hier dem Bürger im Sinne eines bildungspolitischen Auftrags finanzielle und finanzpolitische Zusammenhänge erklärt. Der Medieneinsatz ist beeindruckend, zumal die Medien der gesamten Ausstellung in einem separaten Serverraum gesteuert werden. Ein besonderer Vorteil davon ist, dass zum Beispiel aktuelle Devisenkurse dort, wo sie zum Thema werden, ablesbar sind. Auch können auf Screens am Ende der Ausstellung stets tagespolitische Meldungen eingespeist werden.

Bargeld: Der erste von vier Ausstellungsbereichen.

Bargeld

Die Besucher werden in der Gegenwart abgeholt, mit ihren Euroscheinen und Euromünzen. Wir sehen die Wettbewerbe und die Entwürfe, die zur Gestalt unserer Geldmittel geführt haben. Wir sehen die Gestalter Luc Luycx (Belgien) und Robert Kalina (Österreich). Wir sehen das geschredderte und verwalzte alte Geld, das Papier, die Druckbögen, die Schrötlinge und den Antransport des neuen Geldes. Im Selbstversuch kann man die Echtheitsprüfung der Banknoten durch Beleuchten, Fühlen, Sehen und Kippen nachvollziehen. Auch erfahren wir, wann eine kaputte Banknote noch gültig ist, nämlich wenn mehr als 50 % ihrer Oberfläche vorhanden sind.

Im Sofa versteckt: Noch fehlen 12 Milliarden Mark.

Noch immer fehlen 12,8 Milliarden DM, die sich in Blumentöpfen, im Sofa, unter dem Teppich, in Schatztruhen oder wo sonst befinden. Alle DM-Banknoten ab 1948 werden bis zum Ende der Welt von der Bundesbank in aktuelle Zahlungsmittel eingetauscht. 

Auf der Gegenseite wird es numismatisch. Es gibt eine instruktive Führung durch die Münz- und Geldgeschichte, beginnend mit dem Elektron aus Kleinasien. Weitere Themen sind das Geld für ein Weltreich, also Rom, Karl der Große und die Geburt des Pfennigs, das späte Mittelalter und die frühe Neuzeit mit Groschen, Goldgulden, Dukat und Taler, Papier- und Kupfergeld aus China sowie frühes Papiergeld aus Europa. Das Papiergeld ist durch Deckel, die sich sehr elegant per Knopfdruck in Bewegung setzen, vor schädlicher Lichteinwirkung geschützt. Als weitere Themen schließen sich an die Gold- und Silbergewinnung, die Münzprägung per Hand und auf mechanische Art sowie die zeitgenössischen Fälschungen von Münzen.

Das Highlight für den Münzfreund ist naturgemäß das „Geldkabinett“. Hier übernahmen die Kollegen das Grundelement der Ausstellung von 1999, den Paternoster mit Münzen auf Kunststofftafeln mit elektrischer Lauflupe. Jede der sechs Aufzuginstallationen hat 20 Täfelchen mit durchschnittlich 8 Münzen. Somit bekommt man hier eine Vielfalt von annähernd 1000 Münzen zu sehen, natürlich nur in bester Qualität. Wo es inhaltlich möglich war, sind auch Preise und Löhne der Zeit angegeben. Die sechs Themenbereiche sind: Die Griechische Welt – Rom und Byzanz – Der Pfennig – Gulden und Groschen – Das Deutsche Reich im 17. Und 18. Jahrhundert – Der Weg zur Münzeinheit. Auf einer Mittelinsel befinden sich fünf große gegossene Münzen als Tastmodelle für Blinde. Weiterhin Belagerungsgeld und Medaillone.

Der Schatzfund von Walle.

In einer Ecke auf dem Boden liegt der Schatzfund von Walle. In der Mitte wurden die beiden wichtigsten Münzen der Sammlung inszeniert. Der Phanesstater des 7. Jahrhunderts im Umfeld von Hackelektron und der EID MAR-Aureus des Brutus. Letzteren kaufte Fritz Rudolf Künker 1997 für das Geldmuseum für 700.000 DM bei Sotheby’s. Ein kleines Hörkino spielt die Ermordung des Gaius Julius Caesar nach und setzt die unikate Münze so in ihren Kontext. Mittels eines interaktiven Bildschirms lassen sich viele Münzen der Bundesbanksammlung in Vergrößerungen von brillanter Aufnahmequalität anzeigen.

Geldtransport bei Playmobil.

Was hier fehlt, wäre eine detaillierte Beschreibung eines jeden Stücks, was aber im Rahmen der gesamten Ausstellungseinrichtung eine Höllenarbeit gewesen wäre.

Das Prägen der Münzen.

Schließlich gibt es noch einige originale Geldscheine der Superlative; sie können in Lauffächern aus der Wand gezogen werden.

Buchgeld

Die Lehrschau der Außenbahn zeigt, wie das Bargeld zum Buchgeld wird, also wie die Münzen vom Sparschwein ins Sparbuch kommen. Dann liegt es virtuell auf der Bank oder der Sparkasse. Der Zahlungsverkehr wird bargeldlos. Eine Geheimzahl ist erforderlich, um an Geld zu kommen oder um es zu überweisen. Bankberater schauen Dich an, virtuell natürlich, und der Besucher kann Aktionen in Bewegung setzen. Jemand muss die Stabilität des Bankensystems sichern, und zwar die Bundesbank mit dem Instrument der Bankenaufsicht. Bei Zahlungsunfähigkeit einer Bank tritt ein europäischer Abrechnungsmechanismus in Kraft. Ebenfalls europaweit gesteuert ist die Geldmenge.

Diesen theoretischen Anleitungen stehen die historischen Begebenheiten gegenüber. Bankwesen und Geldgeschäfte ohne Bargeld gab es schon in Rom und dann sehr ausgeprägt im Italien des späten Mittelalters. Ein Raum ohne Originalobjekte (Ausnahme: Rechenpfennige) ist der Entstehung des bargeldlosen Geldwesens in der Renaissance gewidmet; Namen wie Adam Riese, Cosimo de Medici und Jacob Fugger werden thematisiert. Der Zins beginnt, seine tragende Rolle zu spielen. Im Anschluss erleben wir die Erfolgsgeschichte des Wechsels und eine besondere soziale Errungenschaft: Die Einführung der Sparkasse. Auch, dass es – leider – schon immer Bankkrisen gegeben hat. Beispiele ist das Bankhaus der Medici, die Zusammenbrüche der Weltwirtschaftskrise 1929 und die Herstatt-Pleite von 1974.

Berechnung der Inflation heute.

Geldpolitik

Hier wird es, wie schon der Überschrift zu entnehmen ist, politisch. Es geht um Geldwert und Kaufkraft, Ausgaben für den Konsum, Das Messen der Preisentwicklung, Inflation, Deflation und Preisstabilität. Das Credo der Bundesbank lautete schon immer: „Stabiles Geld nützt allen!“ Das Inflationsziel, nicht immer erreicht, in beide Richtungen, lautet 2 %. Hier geht es um geldpolitische Entscheidungen, um Wirkung von Geldpolitik und die Instrumente der Geldpolitik. Unterschwellig spürt man ein Unbehagen der Deutschen Bundesbank über den Ankauf von Anleihen hoch verschuldeter Staaten durch die Europäische Zentralbank. Damit wird gegen die „No bail out“ – Klausel des Maastrichter Vertrags verstoßen und eine Querfinanzierung solcher Staaten betrieben, die nicht willens und in der Lage sind, ihren Staatshaushalt in Ordnung zu bringen und Angst vor strukturellen Reformen haben. Bundesbankpräsident Jens Weidmann äußerte sich bei der Eröffnung der Ausstellung am 16.12.2016 genau in dieser Richtung.

Auf der Ausstellungsseite sehen wir zunächst Inflation durch Münzverschlechterung. Dies kennen wir aus dem Römischen Reich des 3. Jahrhunderts sehr gut und ebenfalls bei König Friedrich II. von Preußen im Zuge seiner drei Schlesischen Kriege. Auch die Zeit der Kipper und Wipper bedeutete eine Inflation mit Verarmung breiter Schichten.

Geldscheine als Tapete und Heizung: Inflation 1923.

Aus Berichten der Vorfahren ist noch vielen die große Inflation von 1923 in Deutschland in Erinnerung, als die Mark wertlos wurde. Drastisch zeigt die Ausstellung, wie man mit den Geldscheinen die Wände tapezierte und den Ofen befeuerte. Nicht jedem vor Augen ist die durch Robert Mugabe verursachte Inflation in Rhodesien, wo man im Jahre 2009 einen Schein im Nennwert von 100 Trillionen Dollar in der Hand halten konnte. In Deutschland war es eine relativ junge Institution, die sich als Hüterin des Geldes verstand, die 1876 gegründete Reichsbank. Ein Kabinettraum stellt auf kleinen Tafeln die Historie dieser Bank und ihrer Nachfolger dar, mit zugehörigen Ereignissen, Personen und Gebäuden.

Ein Grundkurs in Geldpolitik.

Dem gegenüber steht das Euro-Kabinett mit dem langen Weg zum Euro, sehr schön auf einer interaktiven Station vermittelt. Die Europäische Zentralbank hat organisatorisch die Bundesbank als Vorbild. Es wird auf die Konvergenzkriterien von 3 % Inflation und 60 % Staatsverschuldung hingewiesen. Die EZB muss stabilitätsorientiert handeln und die vertraglichen Regeln beachten, sagt die Ausstellung.

Banknoten aller Länder.

Geld Global

Dieser vierte Bereich behandelt den globalisierten und somit über Europa hinausreichenden Aspekt des Geldwesens. Es beginnt am Devisenschalter mit dem Umtausch von Banknoten. Die Banknoten der Welt sind die Visitenkarten ihres Staates. Jeder der 174 Geldscheine aus 229 Ländern kann digital angesteuert werden und ist erklärt. Währungsreserven und die Rolle des Geldes in der Welt werden behandelt, auch die Frage der weltweiten Finanzstabilität. 

Gold zum Anfassen.

Große Aufmerksamkeit erregt ein Goldbarren der Degussa mit 12,5 KG Gewicht, was einem Wert von ca. 440.000 Euro (Je nach Tageskurs) entspricht. Diesen können die Besucher anfassen und hochheben. Gold spielt im Übrigen keine Rolle mehr für die Finanzstabilität der Welt. Insgesamt wurden bisher 170.000 Tonnen Gold weltweit gefördert. Dies ergäbe einen Würfel mit einer Kantenlänge von 21 Metern. Die Bundesbank besitzt noch 3.381 Tonnen Gold.

Goethes Zahlungsmittel in Italien.

Der Ausstellungsteil zeigt Beispiele für globalen Handel. Sehr anschaulich ist dargestellt, mit welchen Münzen Goethe auf seiner italienischen Reise zahlte. Kaufmannsbücher benennen den Wert und Feingehalt ausländischer Münzen. Als erste Aktiengesellschaft lernen wir die 1602 gegründete Niederländische Vereinigte Ostindische Compagnie (VOC) kennen. Münzen mit weltweiter Bedeutung waren der Gulden des Kurrheinischen Münzvereins, der Maria-Theresientaler und der Dollar nach der Konferenz von Bretton Woods 1944. Auch Krisen und platzende Blasen hatten schon immer eine globale Auswirkung. Hier sind die Tulpenhausse von 1637, die Weltwirtschaftskrisen von 1857/ 1859 und 1929/ 1933 dargestellt, aktuell die von den USA verursachte Subprimekrise von 2007 und die von Südeuropa verursachte Staatsschuldenkrise seit 2010. Den Abschluss findet die Ausstellung wiederum in der Gegenwart. Die Zeitungsausschnitte auf dem letzten Schirm  sind von tagespolitischer Aktualität und werden laufend aktuell gehalten. So hat diese bemerkenswerte Schau immer in Kontakt mit der Gegenwart. 

Kino

Im Inneren der Ausstellung befindet sich ein Rundkino mit ca. 30 Sitzen, die sich um 360 Grad drehen lassen. Der Besucher hat die Möglichkeit, unter (zunächst) drei Filmen zu wählen, die in großartiger Projektion daherkommen. „Traumbilder“ sind in drei Minuten ein schwurbeliges Atmosphärenbild mit waberndem Gold und flatternden Geldscheinen, wie es heute leider in vielen Schauen „state of the art“ ist. Aber dann wird es großartig. „Orte“ zeigen die Orte des Handels: Ein Flohmarkt, ein Containerhafen, eine Großmarkthalle, der Handelssaal einer Großbank, die Frankfurter Börse, eine Pferderennbahn, eine Oldtimerwerkstatt, ein Yachthafen und das Gemüse auf dem Wochenmarkt. Die Zusammenstellung ist bemerkenswert. Der längste Film ist „Menschen“ gewidmet. Ein Mönch, ein Banklehrling, eine Unternehmerin, ein Musiker, eine Unternehmerin, ein Aktivist für bedingungsloses Grundeinkommen und die Leiterin des Deutschen Aktieninstituts. Die sieben diskutieren die Bedeutung von Geld, ihr Verhältnis dazu sowie ihre persönliche Auffassung. Diese durchdachte Installation ist eine Anregung für den Besucher, sich eigene Gedanken über sein Verhältnis zum Abstraktum „Geld“ zu machen.

Beispiel der Kinderspur.

Fazit

Das Thema „Geld“ wird nirgendwo auf der Welt so anschaulich präsentiert und so eindrücklich inszeniert. Nicht nur Erwachsene sondern auch Kinder können viel lernen. In der Ausstellung gibt es eine Kinderspur, die sich auf Höhe der Kinder befindet. Onkel Dagobert springt in seinen Talerpool und Räuber aus Playmobilfiguren überfallen einen Geldtransport. Und wer könnte sich besser an Quiz-Stationen, Videospielern und großen Monitoren, die sie selbst steuern können, erfreuen als Kinder und Jugendliche? Den Ausstellungsmachern ist es gelungen, auch abstrakte Themen begreifbar zu machen. All dies ist dringend einen Besuch wert. 

Geldmuseum der Deutschen Bundesbank
Dr. Ulrich Rosseaux, Dr. Alexander Ruske, Dr. Hendrik Mäkeler
Wilhelm-Epstein-Straße 14
60431 Frankfurt
Tel. 069-9566-3073
www.bundesbank.de
Mo-Fr 9-17 Uhr, Mi 9-20 Uhr, So 9-17 Uhr. Samstags geschlossen
Eintritt frei

Den ganzen Überblick über das numismatische Frankfurt finden Sie hier.

Frank Berger können Sie außerdem auf seinem Rundgang durch das Historische Museum Frankfurt begleiten, wo er selbst Kurator ist.